Preisfrage: Wie weit kann man dem OB trauen oder was hat Regensburg, was Oldenburg - noch - nicht hat? Ein teures Fußballstadion als Klotz am Bein! Das von Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) favorisierte Drittliga-Stadion an der Maastrichter Straße mit 10.000 Plätzen hat eine leicht geringere Zuschauerkapazität als das Marschwegstadion. Kein Problem für den OB. In einem TV-Interview behauptete Krogmann, allein schon wegen eines neuen Stadions kämen mehr Zuschauer, also auch ohne eine Erhöhung der Kapazität.
Es ist zwar nicht wirklich Aufgabe des städtischen Haushalts mehr zahlende Zuschauerinnen und Zuschauer für die VfB Oldenburg Fußball GmbH anzulocken, gleichwohl haben wir den Oberbürgermeister gebeten, seine steile These doch mal mit konkreten Beispielen zu belegen. Er nannte uns das Jahnstadion in Regensburg. Also machen wir den Faktencheck.
Der Umbau führte dort - im Gegensatz zu Oldenburg - zu einem 18-prozentigen Kapazitätszuwachs, daher wären im Schnitt also automatisch mehr Zuschauer in der Heimspielstätte der SSV Jahn Regensburg GmbH zu erwarten. Damit ist Krogmanns Beispiel schon durchgefallen, bevor wir die Zahlen im Detail betrachten.
Bei
Transfermarkt picken wir, wie der OB, die Jahre raus, die uns ins Konzept passen:
Alte Arena 2012/13 (12.500 PAX) 7.434 Zuschauer
Erweiterte Arena: 2016/17 (15.210 PAX) 6.318 Zuschauer
Also mehr als 1.000 weniger nach dem Neubau!
Der Neubau des Jahnstadion Regensburg erfolgte 2015, nach einem Entwurf von Stefan Nixdorf, Architekturbüro agn. Die Arbeiten ab Leistungsstufe 1 wurden vom Generalunternehmer Zech Sports ausgeführt.
Das Jahnstadion wird von der Stadt Regensburg als
eigenbetriebsähnliche Einrichtung geführt. Unter diesem
Sondervermögen leiden die städtischen Finanzen ganz besonders!
Das moderne Jahnstadion ist gut 550 m von der nächsten Wohnbebauung entfernt. Gleichwohl finden im Stadion keine Konzerte statt, die Lärmemissionen wären dem Lärmschutz der Anwohner im Stadtteil Oberisling nicht vereinbar. In Oldenburg gibt es in unter 300 m Entfernung dichte Wohnbebauung. Es scheint daher unwahrscheinlich, dass die in Oldenburg geplante Nutzung einer Klage standhalten würde.
Die Stadt Oldenburg könnte vom Regensburger Jahnstadion aber auch Positives lernen: Für den Neubau entschied sich die Stadt Regensburg das wertvolle, urbane Gelände des alten Stadions an der Prüfeninger Straße als Bauland zu nutzen. Das neue Stadion wurde anderthalb Kilometer weiter, am Stadtrand gebaut. Direkt an die Autobahn A3 stört der Lärm niemanden und es gibt Ausbaureserven, falls der SSV Jahn doch noch einmal aufsteigen sollte. Das die mit dem PKW anreisenden Besucher die Autobahn A3 an der Abfahrt 100a verlassen, vermeidet im Stadtgebiet sehr viel Verkehrs- und Luftbelastung. Die Planung in Oldenburg sieht vor, den Verkehr durch die Stadt zu leiten, bevor die Besucher die 750 Parkplätze am Stadion erreichen. Lernen könnte die Stadtverwaltung auch, an Spieltagen zusätzliche Shuttlebusse einzusetzen - Oberbürgermeister Krogmann erzählt uns, dass er das nicht kann.
Das Jahnstadion in Regensburg sollte Oldenburg aber auf jeden Fall eine Warnung sein. Vier Jahre nach der Einweihung des neuen Stadions stand der SSV Jahn Regensburg im November 2019 vor einer Insolvenz. Entsprechend wuchsen die Millionenverluste für die Stadt..
Zu Beginn der
Planungen im Jahr 2011
war von einem jährlichen
Defizit von 500.000 Euro die Rede.. Während der Bauzeit, Ende 2014, prognostizierte man für das erste volle Geschäftsjahr (2016) ein Defizit von drei Millionen Euro. Mitte 2016 rechnete die Stadt Regensburg mittelfristig mit einem jährlichen Defizit von 1,5 bis 2,5 Millionen Euro. Der tatsächliche Verlust 2016 betrug 3,4 Millionen Euro. 2017 betrug das Defizit ca. 3,16 Millionen Euro. Für 2018 wurde mit einem
Minus von 3,99 Millionen Euro gerechnet.
In Oldenburg wird suggeriert, die Stadtverwaltung lasse die Rechtsmäßigkeit der Beihilfe vom Wirtschaftsministerium in Hannover prüfen. Diese Verantwortung der kommunalen Selbstverwaltung nimmt keine Wirtschaftsministerium ab. Thomas Assenbrunner, Sprecher des Wirtschaftministeriums des Freistaats Bayerns hat Regensburg-Digital das schriftlich beantwortet:
Sind dem Bayerischen Wirtschaftsministerium beihilferechtliche Probleme in Zusammenhang mit der "Arena Regensburg" bzw. mit dem städtischen Verlustausgleich bekannt?
Nein. Das Beihilferecht ist Teil des geltenden Rechts.
Für die Einhaltung ist jeder öffentliche Fördergeber selbst verantwortlich.
Der Ausgleich des jährlichen Betriebsdefizits beim Jahnstadion durch die Stadt Regensburg hat das Rechnungsprüfungsamt auf den Plan gerufen. In einem nichtöffentlichen Bericht empfehlen die Prüfer „dringend“, sich mit Fragen des EU-Beihilferechts zu beschäftigen. Darüber hinaus monieren sie, dass „der satzungsgemäße Zweck der Arena“ seit deren Eröffnung 2015 „überwiegend nicht erfüllt wurde“.
Zwischen 1,8 und 3,4 Millionen Euro – so hoch ist der Verlust, den die Stadt Regensburg seit 2015 alljährlich mit ihrem „Regiebetrieb“ für das Jahnstadion einfährt. (Regensburg Digital
11.03.2021)
Die beihilferechtlichen Fragen hat die Stadt Regensburg offenbar ganz verschlafen. Die Oberbürgermeisterin der Stadt Regensburg, Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD), teilte uns am 6. Mai 2024 auf Anfrage mit: „Es handelt sich bei den Finanzierungsmaßnahmen mit Bezug zur Arena Regensburg mangels Binnenmarktrelevanz tatbestandlich um keine Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV. Insofern bestand und besteht keine Notwendigkeit für ein Notifizierungsverfahren.“ Anders als Frau Maltz-Schwarzfischer, stuft die Wettbewerbsaufsicht der Europäischen Kommission die Transfersummen in der 3. Liga als relevant für den europäischen Binnenmarkt ein. Zum Zeitpunkt der Auskunft hatte zum Beispiel der beim FC Basel abgelöste
Torwart Felix Gebhardt einen Transferwert von 600.000 Euro. Fußballunternehmen, die nicht so generös mit öffentlichen Geldern gestützt werden, sollten daher dringend eine
Beschwerde bei der Wettbewerbsaufsicht wegen dieser unzulässigen Beihilfe einreichen. Das könnte helfen, die Zweckentfremdung öffentlicher Mittel für privatwirtschaftliche Unternehmen der Unterhaltungsindustrie Profi-Fußball zu beenden.
Beim Stadionneubau an der Autobahn hat die Stadt Regensburg die Kapazität des Jahnstadions um fast 20 Prozent erweitert, ohne eine nachhaltig positive Entwicklung zu bewirken. Die Klimabilanz einer solchen Versiegelung und Masse an Beton und Asphalt widerspricht den hehren Zielen, die FDP, Volt, CDU, SPD und die Linke (nun BSW) in ihren Kommunalwahlprogrammen versprochen haben. Als Warnung gilt auch, dass das Defizit aus dem Stadion viermal höher ausfiel als geplant. Das sind finanzielle Mittel, die an anderer Stelle eingespart werden müssen.
Nochmal: Genauso wie das Stadion Chemnitz, sollte Regensburg Oberbürgermeister Krogmann (SPD) und den Stadionbefürwortern eine Warnung sein!
Die Oldenburger Stadionplanungsgesellschaft nimmt Mitglieder des Rates und Vertreter der VfB Oldenburg Fußball GmbH mit auf eine mehrtägige Reise zu Fußballstadien in Chemnitz, Offenbach und Regensburg. Oberbürgermeister Krogmann und Anhang fahren mindestens 17 Stunden mit dem Bus durch sieben Bundesländer, um sich VIP-Logen und Business-Seats anzuschauen. In allen drei Fällen standen die Fußballunternehmen nach Bezug des neuen Stadions trotz dieser Einnahmequellen vor Insolvenzen, lagen die Zuschauerzahlen der letzten Spielzeit (2023/24) im Schnitt niedriger als vor dem Um- bzw. Neubau. Die ursprünglich geplanten Entgelte für die Stadionnutzung wurden drastisch gesenkt und die Verluste liegen um Millionen höher als geplant. Alle drei Städte haben Oberbürgermeister*innen von der SPD.
Die anderen beiden Stationen der Dienstreise sind: