Die Genossen und das Fußball-Business!
Die Stadionentscheidung war im Wahlkampf 2021 kein Thema
Die Mitglieder der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Oldenburg wurden wegen ihrer Aussagen im Kommunalwahlprogramms von 2021 gewählt. Die SPD-Fraktion hat im Wahlkampf über ein Stadion aus Steuergeldern geschwiegen, im Rat kämpft sie trotzdem äußerst energisch für Jürgen Krogmanns Lieblingsprojekt.
Eine Multifunktionale Begegnungsstätte war nur ein falscher Traum
„Der Bau eines multifunktionalen Stadions werde seitens der Verwaltung vor allem deshalb favorisiert, da hiermit ein besonderer Ort für die Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Oldenburg geschaffen würde und unterschiedliche Zielgruppen angesprochen werden könnten. Konkrete Überlegungen, wie die Multifunktionalität ausgestaltet werden könne, würden jedoch erst im Rahmen des zu erstellenden Betriebs- und Nutzungskonzept ausgearbeitet.“ (Protokoll, Rat 01/23)
Im Sportausschuss hatte Ratsfrau Nichole Piechotta schon 2022 hervorgehoben:
Zudem sei für die SPD-Fraktion eine Mehrzwecknutzung wichtig, diese müsse in den weiteren Planungen berücksichtigt werden (SportA 08/22).
Die Städtische Beihilfe für die Spielstätte des Berufsfußballs ist eigentlich unzulässig. Die Wettbewerbsaufsicht kann diese jedoch freistellen, wenn das Drittliga-Stadion Nutzungen durch den Breitensport oder für Kultur ermöglicht, für die es in Oldenburg keine anderen Orte gibt. Normalerweise wird das über ein multifunktionales Nutzungskonzept erreicht – Oberbürgermeister Krogmann scheint das nicht für notwendig zu erachten.
Ratsherr Thomas Klein (SPD) bemängelte schon 2022, dass die Diskussion eher hypothesengeleitet sei.
„Er benötige mehr Belege dafür, dass ein Stadion diese finanziellen Mittel einspiele. Ein Bekanntwerden sei nicht unbedingt ein Nutzen. Es müsse ein belastbares Modell erstellt werden, aus dem Erfolge und Misserfolge abgeleitet werden könnten.“ (AWiFö 07/22)
Das sind Fragen, die auch die Bürgerinitiative KeinStadionBau immer wieder stellt. Bisher wurde allein ein
Nutzungs- und Betriebskonzept veröffentlicht, das eine wenige belastbare, lose Ansammlung von Ideen darstellt ohne realistische Einkommenserwartungen - reine Fantasie. Ein erschreckendes Beispiel ist die Büromiete. Für 300 Quadratmeter unter den Tribünen soll die VfB Oldenburg Fußball GmbH 15,- Euro kalt pro Quadratmeter zahlen. Das sind 25..000 Euro pro Jahr mehr, als moderne Büros dieser Größe auf dem Gelände des ehemaligen VfB-Stadions kosten. Das verdeutlicht zum einen, wie die Einnahmen für die Stadiongesellschaft schön gerechnet werden. Zum anderen zeigt es, dass die VfB Oldenburg Fußball GmbH bereit ist, alles zu versprechen, was notwendig erscheint, um ein Drittliga-Stadion durchzusetzen. Wenn das Drittliga-Stadion dann in einigen Jahren stehen sollte, hat die VfB GmbH, als einzige potenzielle Abnehmerin, den größeren Hebel, um die Miete zu senken. Das war bei anderen Stadion-Projekten wie Chemnitz oder Hannover 96 ebenso.
Ratsherr Prange hat
den Anspruch, dass Profifußball auch in Oldenburg gespielt werden könne
(Rat 03/22).
Einen Anspruch auf „höherklassigen“ Unterhaltungsfußball gibt es genauso wenig wie auf höherklassiges Theater oder eine Flugplatz. Dass ungefähr sechs Mitglieder des Rates wie Ulf Prange auch Mitglieder beim VfB Oldenburg e.V. sind, ist kein Grund, um die Bühnen für deren Hobbies vollständig von Steuergeld zu finanzieren. Im Gegenteil, der gewerbliche Fußball muss sich seine Bühnen selbst finanzieren. Oberbürgermeister Krogmanns Ziele sind aber leider das genaue Gegenteil:
1. Mehr Einnahmen für die VfB Oldenburg Fußball GmbH
2. Das die Steuerzahlenden der VfB Oldenburg Fußball GmbH die Ausgaben abnehmen
„Oberbürgermeister Krogmann erklärt, dass eine Vermarktung des Fußballs, hinsichtlich der Sponsoren, im Marschweg-Stadion schwierig sei und der VfB wirtschaftlich unter solchen Aspekten zukünftig immer wieder leiden werde. Zudem könnten Fernsehgelder entzogen werden, wenn nicht alle Auflagen erfüllt würden.“ (SportA 03/22)
Gerne wird behauptet, dass Stadion sei nicht nur für die VfB Oldenburg Fußball GmbH. Tatsache ist, dass Oberbürgermeister Krogmann im Sportausschuss bestätigte, „dass die Konzepterstellung in enger Abstimmung zwischen der Stadt und dem VfB vorgenommen werde.“ (SportA 03/22)
Fußball gucken ist kein Sport
Ein typischer Trick des Fußballs Geschäftes ist es, den gewerblichen Bezahlfußball und den Vereinssport argumentativ zu vermischen:
„Es sei seine Aufgabe als Sportdezernent Vorschläge zur Entwicklung der Sportlandschaft in Oldenburg zu machen. Er werbe für mehr Sachlichkeit und Unvoreingenommenheit in der Debatte und für eine Entscheidung auf Basis von Fakten.“ (Rat 03/22)
Ein Sportdezernent sollte sich um den Breitensport kümmern, nicht um den Berufsfußball.
Umverteilung von arm an reich
„Oberbürgermeister Krogmann führt aus, dass die Stadtentwicklung von Veränderungen lebe und dass Veränderung auch bedeute, sich aktuellen Anforderungen zu stellen. Es gebe viele gute Gründe für die Förderung des Sports, von dem die gesamte Stadtgesellschaft profitiere. Er plädiere dafür, die sozialen, kulturellen, ökologischen und wirtschaftlichen, unterschiedlich ausgerichteten Projekte in der Stadtentwicklung nicht gegeneinander auszuspielen.“ (Rat 10/22)
Wirtschaftswissenschaftler sind sich weitestgehend einig: Die Subventionierung der Spielstätten des Berufsfußballs mit öffentlichen Geldern stellt eine Umverteilung von arm an reich dar. Denn diese Subventionierung des gewerblichen Fußballs muss in Zukunft bei Kernaufgaben der Stadt, wie etwa Kitas, Schwimmbäder, öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Jugendamt, eingespart werden.
Über den Handel mit Berufsfußballern fließen die Gelder nach oben, an die reichsten Mannschaften Europas, bzw. deren megareiche Eigentümer. Können Sie erklären, wie das mit den Zielen sozialdemokratischer Politik zu vereinbaren sein soll?
Im Rat kritisierte Oberbürgermeister Krogmann 2022 „die Emotionalisierung der Debatte.“ (Rat 03/22). Das hatte SPD-Ratsfrau Piechotta 2023 wohl schon vergessen:
„Beim Fußball würden viele Menschen unabhängig vom Geschlecht und der Sexualität zusammenkommen. Dazu müsse ein Beitrag geleistet werden. Es müssten Räume geschaffen werden, wo Menschen aufeinandertreffen. Sie hebt die Arbeit der Fanszene hervor und lobt diese. Die Beteiligten seien ehrenamtlich tätig und würden einen großen Beitrag gegen Rassismus und Homophobie leisten.“ (Rat 01/23)
Der Berufsfußball ist der einzige Unterhaltungssport, wo unterschiedliche Fans gar nicht aufeinander treffen dürfen. Beim Fußball eint viele nur der Feind und das ist unsozial. Keine andere Sportart braucht eine Aufstellfläche für die Fantrennung - das ist eine von Maschendraht gesäumte Asphaltwüste, für die am Marschweg nicht genug Platz vorhanden sein soll.
Beton dient nie dem Klimaschutz
Oberbürgermeister Krogmann grätscht dann weiter:
„Ein Stadionneubau und der Klimaschutz würden sich nicht per se widersprechen. Natürlich benötige ein Neubau Ressourcen, aber die benötige der Betrieb des bestehenden Stadions auch. Potenziell könne der Ressourcenverbrauch an einem neuen Standort sogar reduziert werden.“ (Rat 10/22)
Da das einzige Multi-Sportstadion der Stadt Oldenburg natürlich weiter betrieben werden muss, verbraucht das Marschwegstadion in etwa die gleichen Ressourcen wie bisher, der Verbrauch und die Kosten des neuen Fußballstadions kommen noch dazu. Von Reduzierung kann daher keine Rede sein.
„Klimaschutz sei ein Querschnittsziel, das in allen Fragen der Stadtentwicklung zu berücksichtigen sei,“ so Krogmann im Rat. „Der in Erarbeitung befindliche Klimaschutzplan 2035 entspreche dieser Querschnittsaufgabe und behandle alle städtischen Handlungsfelder. Zudem formuliere er 90 konkrete Maßnahmen, um das Ziel der Klimaneutralität 2035 anzugehen. Die Umsetzung dieses Plans und damit die Erreichung der Klimaziele hätten für ihn weiterhin höchste Priorität. Er werde sich dafür einsetzen, einen Stadion-Neubau maximal klimagerecht umzusetzen.“ (Rat 10/22)
Der im Beton verwendete Zement emitiert in der chemischen Reaktion bei der Herstellung sehr viel Treibhausgase. Die Unmengen an Stahl und Beton für das Drittliga-Stadion werden von der Stadt Oldenburg nach ihren eigenen Regeln als klimaneutral erklärt. Danach reicht es, „CSC Level 2 Beton (↓ ≥ 40%) “ zu verwenden. Damit wird eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 40% gegenüber dem (sehr hohen) Branchenreferenzwert angestrebt.
Eine 40%ige Reduktion ist zwar lobenswert für Bauten, die wir schlecht vermeiden können (e.g. Krankenhäuser): Gleichwohl ist das Label klimaneutral natürlich irreführend. Die Unmengen an Stahl und Beton für ein an rund 23 Tagen im Jahr genutztes Drittliga-Stadion sind natürlich nicht klimaneutral und die Behauptung ein ziemlich dreister Etikettenschwindel.
Die zusätzlichen Kosten für die Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen beim Stadionbau haben wir in den von der Stadtverwaltung veröffentlichten Dokumenten noch nicht auffinden können. Es kann sein, dass der sozialdemokratischen Fraktion im Rat Information vorliegt, die uns verheimlicht wird, dann wäre das ein Bruch mit dem Transparenzgebot. Andernfalls ist die Informationsgrundlage für eine Entscheidung unzureichend.
Wie will die SPD das Drittliga-Stadion finanzieren?
Oberbürgermeister Krogmann (SPD) entschuldigte schon 2022 im Ausschuss für Stadtplanung und Bauen seinen Griff in die Stadtkasse damit, dass Investoren-Lösungen für seine geliebte VfB Oldenburg Fußball GmbH zu teuer würden:
„Zum Thema Investorenlösung sei damals intensiv diskutiert worden. Ein Investor wolle Geld verdienen und ob der Markt in Oldenburg und in anderen Drittligastädten das hergeben würde, sei eine sehr schwierige Frage.“ (ASB 05/22)
Da zäumt Oberbürgermeister Krogmann das Pferd von hinten auf. Sobald die Kommunen aufhören, dem gewerblichen Fußball Steuergelder hinterherzuwerfen, wird der DFB seine Anforderungen an Drittliga-Stadien senken. Das ist in den Fußballstadien in Skandinavien, Großbritannien oder Irland gut zu beobachten.
Zurück zur aktuellen Oldenburger Realität: Wenn sich keine Investoren finden, die Ihr Geld in einem Stadion für den Berufsfußball versenken wollen, dann sollten Sie, als Steuerzahler*in, dem auch widersprechen!
Stellen Sie der SPD bitte Ihre kritischen Fragen:
• SPD-Fraktion: spd-fraktion@stadt-oldenburg.de
• Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD): oberbuergermeister@stadt-oldenburg.de
Weitere Kontakte finden Sie auf der Webseite der SPD Oldenburg:
https://www.spd-fraktion-ol.de/gruppen/fraktionsmitglieder/