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Eine Frage der Redlichkeit oder wie mit falschen Zahlen Politik gemacht wird

Andreas Kölling • Nov. 04, 2024

Ein Drittliga-Stadion trägt sich nicht von selbst

Unredlichkeit definiert der Duden als „böswillig verschweigend oder die Unwahrheit sagend“. Wie mit miesen Tricks und dreisten Behauptungen ohne jeden Wahrheitsgehalt (schlechte) Politik pro Stadion gemacht wird, zeigt sich treffend am Beispiel der Gruppe FDP/Volt. Mit gerade mal vier Leuten im Oldenburger Stadtrat eher ein politisches Leichtgewicht und ohne große Relevanz bei Entscheidungen. Aber dennoch sich häufig lautstark an der Diskussion beteiligend.


So bezeichnete Ratsherr Jens Lükermann (Volt) auf der Sitzung am 28. Oktober einen von Ruth Drügemöller vom Bündnis 90/Die Grünen angeführten Vergleich sichtlich empört als „nicht redlich“. Sie hatte in der Debatte um den absurden Eigenkapitalzuschuss von 15 Millionen Euro für die Stadiongesellschaft und den Verzicht auf das EU-Notifizierungsverfahren eine ganz ähnliche Situation in Regensburg angeführt.


Das dortige Jahnstadion sollte Oldenburg auf jeden Fall eine Warnung sein.


Vier Jahre nach der Einweihung des neuen Stadions stand der SSV Jahn Regensburg im November 2019 vor einer Insolvenz. Entsprechend wuchsen die Millionenverluste für die Stadt. Zu Beginn der Planungen im Jahr 2011 war von einem jährlichen Defizit von 500.000 Euro die Rede. Mitte 2016 rechnete man mittelfristig mit einem jährlichen Defizit von 1,5 bis 2,5 Millionen Euro. Der tatsächliche Verlust in 2016 betrug 3,4 Millionen Euro. Für 2018 wurde mit einem Minus von 3,99 Millionen Euro gerechnet.


Debatte mit falschen Zahlen


In seiner Wutrede schönte Ratsherr Lükermann den städtischen Zuschuss für die „Arena Regensburg“ auf schlanke 2,3 Millionen Euro. Tatsächlich sind es aktuell 3,3 Millionen Euro, was immerhin eine Million mehr und deutlich über der Grenze von 2,2 Millionen Euro für eine Gruppenfreistellung der Betriebsbeihilfe ist.


Dieser Clip zitiert die Ratssitzung vom 28.10.2024. ©oeins

Nur die halbe Wahrheit


Außerdem stellte er dann seinerseits einen – allerdings tatsächlich völlig untauglichen – Vergleich an mit dem Stadion in Offenbach, von dem er behauptete, es schreibe keine Verluste. Dabei verschwieg Lükermann, dass das Stadion am Bieberer Berg, anders als in Oldenburg geplant, nicht durch Darlehen finanziert wurde. Das Land Hessen trug sogar 48 Prozent zum Stadionneubau bei, die Stadt Offenbach und ihre Stadtwerke Holding jeweils 20 Prozent, der Rest kam von Sponsoren! Obwohl für den dortigen Stadionneubau, anders als in Oldenburg, weder Zinsen noch Tilgung gezahlt werden müssen, und für die Offenbacher Kickers 1901 GmbH im Schnitt mehr als doppelt so viele Zuschauer Eintritt zahlen, wie beim VfB Oldenburg, ist das noch längst kein Garant für schwarze Zahlen.


Im Gegenteil: Trotzdem das Stadion schon voll bezahlt ist, bekommt es aus dem Haushalt der Stadt Offenbach einen festen Zuschuss von 340.000 Euro im Jahr. Da auch das nicht reicht, sahen sich die Offenbacher Stadtverordneten im Frühjahr 2024 zu einer Kapitalerhöhung um eine Million Euro gezwungen. Mitsamt erlassener Darlehensrückzahlung summieren sich die Zuschüsse für 2024 auf mehr als 2,2 Millionen Euro, wie aus der Magistratsvorlage Nr. 2024-126 vom 10. April 2024 hervorgeht. Offenbachs Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke stellte klar, dass „wenn die Kickers nicht dauerhaft erfolgreich sind, das Stadion uns viel Geld kosten“ werde. „Es trägt sich nicht von selbst“.


Da fragt man sich, was Jens Lükermann denn eigentlich auf der dreitägigen „Dienstreise“ zusammen mit Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) zu den angeblichen Vergleichsstadien Mitte September so gemacht hat?


Falsche Behauptung


Besonders dreist: Die BI KEIN StadionBau hatte unter anderem auch Volt-Ratsherrn Lükermann vor seiner Stadionrundreise durch Deutschland alle wichtigen Daten und Fakten zu den Projekten in Regensburg, Offenbach und Chemnitz aufgearbeitet und rechtzeitig zur Verfügung gestellt. Er hat es also durchaus besser wissen können.


Auf der Ratssitzung behauptete Lükermann dann außerdem, Volt habe in seinem Kommunalwahlprogramm 2021 für Oldenburg ein Stadion in Holzbauweise gefordert. Tatsache ist, das Wort „Stadion“ kommt im Volt-Wahlprogramm nicht ein einziges Mal vor. Übrigens auch nicht bei der FDP, den Grünen oder der CDU.


Frage an Jens Lükermann: Wer ist hier nicht redlich?



Dieser Clip zitiert die Ratssitzung vom 28.10.2024. ©oeins

Faktencheck entlarvt FDP-Ratsfrau


Zum Stichwort „nicht redlich“ passt auch perfekt eine Aussage von Ratsfrau Daniela Pfeiffer, Sprecherin der FDP/Volt-Gruppe, die in der gleichen Sitzung sich darüber entrüstete, dass angeblich immer falsche Zahlen genannt würden. Denn der VfB Oldenburg habe bei Heimspielen mehr Zuschauer, als die EWE-Baskets, so Pfeiffer.


Der Faktencheck sagt etwas völlig anderes: In der aktuellen Saison kamen bis Ende Oktober 2024 - dem Zeitpunkt der Ratssitzung - im Schnitt gerade mal 3.088 Fans zu VfB-Heimspielen ins Marschwegstadion, zu Baskets-Bundesligaspielen in der EWE Arena 6.200. Zahlen sind also ganz offensichtlich nicht die Sache von Frau Pfeiffer, die zusammen mit ihren zwei FDP-Kollegen und Volt-Lükermann natürlich für die absurde 15-Millionen-Euro-Spritze und gegen das EU-Notifizierungsverfahren gestimmt hat. 


von Andreas Kölling 04 Nov., 2024
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