Es steht ein böser Verdacht im Raum: Wusste Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD), dass sich ein wesentlicher Faktor seiner Stadionkalkulation massiv geändert hatte, als er Ende Oktober den Rat über eine wichtige Vorlage abstimmen ließ? Eine Mehrheit im Stadtparlament hat seinerzeit beschlossen, vorab 15 Millionen Euro als Eigenkapital in die Stadionplanungsgesellschaft zu pumpen und gleichzeitig auf ein EU-Notifizierungsverfahren zu verzichten. Eine 180-Grad-Wende zum Stadionbeschluss vom April 2024, als die gleiche Mehrheit genau das Gegenteil beschlossen hat: Keine Eigenkapitalspritze und ein sofortiger Start des Notifizierungsverfahrens.
Was ist passiert? Brüssel hat strenge Grenzwerte gesetzt, was staatliche Beihilfen an Unternehmen betrifft. Die Finanzierung eines Stadions für den Berufsfußball zu 100 Prozent aus Steuergeld fällt darunter. Die 2,2-Millionen-Schwelle darf nicht überschritten werde. Deshalb ist der Oberbürgermeister schwer bemüht, die jährlich Kosten unbedingt unter der magischen Grenze zu halten. Dafür scheint ihm jetzt offenbar jedes Mittel recht.
Mit dem nun beschlossenen Eigenkapitalzuschuss aus den städtischen Rücklagen sollte das Unterschreiten sicher erreicht werden, weil sich so Zinsen und Tilgung der rund 50-Millionen-Finanzierung angeblich reduzieren. So die Begründung der Verwaltung zur Abstimmungsvorlage. Aber die Rechnung stimmte nicht mehr. Basis waren die vom Beratungsunternehmen IFS im Jahr 2023 vorgelegten Kalkulationen (siehe unten), die auf einem Förderkredit mit sehr günstigen Konditionen beruhen. Aber den Kredit aus dem Förderprogramm "Klimafreundlicher Neubau ohne QNG" gibt es gar nicht mehr. Seit Monaten schon nicht mehr!
©IFS-Berechnungen (Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen » (PDF, 1,4 MB) ©Stadt Oldenburg
Statt 10 Jahre lang nahezu zinsfrei und obendrein mit einem Tilgungszuschuss von 500.000 Euro kalkulieren zu können, sind jetzt seit geraumer Zeit marktübliche Zinsen fällig. Die liegen natürlich deutlich höher. Damit wird der EU-Grenzwert unter Garantie gerissen und die Notifizierung ist somit zwingend erforderlich.
Auf eine Neuauflage zu hoffen, wie es die Finanzdezernentin nach eigener Aussage tut, ist schlicht naiv. Die aktuellen Förderprogramme gelten nur noch für besonders umweltschonendes Bauen und sind deshalb illusorisch, weil Klimaschutz an der Maastrichter Straße bislang überhaupt kein Thema ist, weil viel zu teuer.
Jetzt stellen sich nicht nur uns drängende Fragen: Wusste der Oberbürgermeister, dass die Kalkulation längst hinfällig war, als am 28. Oktober die Mehrheit der Ratsmittglieder von SPD, CDU, BSW, FDP/Volt und AFD seiner Vorlage zustimmten? Hat Jürgen Krogmann (SPD) den Rat damit tatsächlich wissentlich vorgeführt? Sollte der Verwaltung wirklich entgangen sein, dass das supergünstige Förderprogramm seit Monaten ausgelaufen ist? Eigentlich schwer vorstellbar, bei dem personellen Aufwand, der im Rathaus getrieben wird, um das Lieblingsprojekt des Oberbürgermeisters durchzupeitschen - koste es, was es wolle. Ausserdem hatten wir bereits ausdrücklich nach den Details der geplanten Kreditfinanzierung und den Auswirkungen auf Zins und Tilgung gefragt.
Sollte das so sein, dann hätte der Oberbürgermeister wohl auch den letzten Rest an Vertrauen verspielt. Nicht nur in der Oldenburger Stadtgesellschaft, sondern auch im Rat. Denn unter solchen Bedingungen ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit eigentlich kaum noch vorstellbar, oder? Jürgen Krogmann will übrigens zur kommenden Oberbürgermeisterwahl gern nochmal antreten, wie aus Hannover zu hören ist.