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Fraktion Bündnis Vernunft und Gerechtigkeit Oldenburg (ehemals LINKE) und das Stadion

7. März 2024

Wie steht das Bündnis Vernunft und Gerechtigkeit Oldenburg (ehemals LINKE)  zu einem aus Steuermitteln finanzierten Drittliga-Stadion?


Wie passt die staatliche Beihilfe für den Stadionbau zum Bündnis?

Grundsätzlich versteht sich die LINKE als eine Partei von marginalisierten oder verdrängten Menschen, die zahlenmäßig zwar in der Überzahl sind, aber politisch häufig nicht gut vertreten. Es fehlt den Betroffenen an Zeit, Kapazitäten, Ressourcen und vor allem Geld, sich eine starke Lobby aufzubauen, die sich wiederum für die eigenen Interessen stark macht. 

Die (ehemals) Linke Oldenburg geht nach eigenen Aussagen davon aus, dass ein Großteil der Fußballfans die Linke bereits gewählt hat oder wählen würde. Die Linke ist traditionell gesehen aber auch ein prominenter Gegner des Kapitalismus und der Konzentration von Geld und Macht. Nur logisch, dass es einen regelrechten Aufschrei zur WM in Katar von links gab oder auch den jüngsten Plänen vom Investoreneinstieg in die DFL (1. und 2. Bundesliga). Die großen Verbände wie UEFA, FIFA und auch die Deutschen Pendants wie DFB und DFL werden regelmäßig aus den Reihen der Linken kritisiert. Weil es beim Profi- und Berufsfußball nun mal um irrsinnige Summen geht - Kapitalismus pur. Oder wie sind Gehälter von teilweise mehreren Millionen pro Jahr zu rechtfertigen während Pflegekräfte nur schwer über die Runden kommen? "Einige Bayernspieler wie Götze, Lahm, Ribery und Co. [...] sollen über zehn Millionen Euro im Jahr verdienen. Die durchschnittlichen Gehälter der Fußballspieler werden in der 1. Bundesliga auf ca. 30.000 Euro monatlich geschätzt (plus Bonus), was allerdings immer noch deutlich über dem Gehalt eines normalen Arbeitnehmers liegt. Dann werden zusätzlich Boni ausbezahlt, die gibt es bei Erreichen gewisser Ziele (beispielsweise Finalteilnahme in einem Pokalwettbewerb) oder schlicht für einen Sieg in einem Punktspiel.” (
Quelle)

 

Was steht in den Kommunalwahlprogrammen der vergangenen beiden Wahlen?

In der Kurzfassung des Kommunalwahlprogramms der Linken aus 2016 heißt es: “Ein drittligataugliches Fußballstadion in Oldenburg soll durch Bereitstellung des städtischen Grundstücks an der Weser- Ems-Halle und die Zusammenarbeit mit Sponsoren gefördert werden.”


Die ehemalige Linken-Ratsfrau Samira Mohamed Ali forderte 2022 im Ausschuss für Stadtplanung und Bauen, eine Bürgerbeteiligung könne durch eine Bürgerbefragung durchgeführt werden, auch wenn dies kein rechtlich bindendes Verfahren sei. Das Thema sei kein neuer Prozess und nach den vergangenen Debatten habe es durchaus die Möglichkeit für Bürgerbegehren gegeben. Sobald die Kostenberechnung vorliegen würde, befürworte man eine Einwohnerbefragung zu diesem Thema. (ASB 05/22)


Im Kommunalwahlprogramm 2021 steht, dass Möglichkeiten geschaffen werden müssen, damit alle Kinder schwimmen lernen können und der Breitensport gefördert werden muss, indem z.B. Mitgliedsbeiträge bezuschusst werden. Von einem Stadion ist in der Kurzfassung nicht die Rede. Jedoch in der langen Fassung an einer einzigen Stelle: “Das Marschwegstadion ist als Leichtathletik-Stadion zu erhalten. Für ein Fußball-Stadion sollte eine Alternative auf dem Gelände hinter der Weser-Ems-Halle gesucht und Sponsoren dafür geworben werden.”


Ein Drittliga-Stadion zu bauen, ist nicht Aufgabe der Stadt und eine ursprünglich geforderte finanzielle Unterstützung durch Sponsoren ist nicht in Sicht. 

 

In einer Pressemitteilung ca. Ende 2022 schrieb Hans Henning Adler: 

“An der Finanzierung müssen sich natürlich auch finanzstarke Sponsoren beteiligen. Die Stadt kann nicht alles allein finanzieren. Außerdem muss jetzt ein geeignetes Betreibermodell vorgestellt werden. Schließlich soll das Stadion auch anderen Nutzern und Vereinen bei Bedarf zur Verfügung stehen. Zum Betreibermodell wollte der VfB ein Konzept vorstellen, auf das wir jetzt warten. Gefordert sind jetzt Finanzzusagen der Sponsoren und ein geeignetes Betreibermodell. Der Ball liegt deshalb zuerst einmal im Spielfeld des VfB.”


Ratsherr Adler behauptete in der Pressemitteilung außerdem, dass Oldenburg eine Fußballstadt sei, Oldenburg für das Umland verantwortlich und ein neues Stadion eine “Sogwirkung” hätte. Diese Aussagen wurden in einer gutachterlichen Äußerung von Prof. Dr. Jürgen Schwark aus 2023 längst widerlegt. 


Das Marschwegstadion ist vom Bahnhof nur einen 2,4 km kurzen Fußweg durch den Schlossgarten entfernt. Gleichwohl hat Ratsherr Adler im Rat der Stadt Oldenburg mehrfach behauptet, dass ein Stadion durch Verkehrsvermeidung zum Klimaschutz beitragen könne (Rat 20.03.2023 und 26.02.2024). Aufgrund der chemischen Reaktionen in der Zementproduktion werden pro Tonne Zement so viel CO2 freigesetzt, wie die Emissionen auf fast 5.000 km Fahrtstrecke mit einem durchschnittlichen Benziner. Leider werden für einen Stadionbau hunderte von Tonnen Beton vergossen und sehr viel Stahl verbaut, die durch die an sich schon fragwürdige Verkehrsvermeidung nie und nimmer eingespart werden können.


Ratsherr Dr. Onken hat schon früh geäußert, dass er zu einem Stadionneubau tendiere: „Ausschlaggebend sei, dass aus Sicht des Klimaschutzes der Neubau besser als eine Sanierung erscheine.“ Sein Argument vernachlässigt völlig, dass das reine Fußballstadion ein zweites Stadion wird und der Sanierungsbedarf am Marschweg weiter bestehen bleibt - mit allen zu stemmenden Kosten und Emissionen als doppelte Belastungen (Rat 28.11.2022).


Außerdem:

-> Finanzstarke Sponsoren sind nicht in Sicht!
-> Derzeit ist geplant, dass die Stadt alles aus Steuergeld finanziert!

-> Das Betreibermodell seitens des VfB liegt unseres Wissens bis dato (März 2024) nicht vor!


Zusammenfassend ist es nicht nachvollziehbar, wieso sich das Bündnis Vernunft und Gerechtigkeit (ehemals LINKE) so lautstark für ein neues Profi-Fußball-Stadion einsetzt. Selbstverständlich handelt es sich hier um eine Umwälzung von öffentlichen Geldern in ein Business mit wirtschaftlichen und gewinnorientierten Interessen. Auch wird die Einschätzung, dass sich unter den Fußballfans eine kritische Masse an Wählerpotenzial verbirgt, unseres Erachtens massiv überschätzt. Es gibt Untersuchungen zum Wahlverhalten und politischen Einstellungen von Fußballfans. Für einige Vereine (z.B. St Pauli) mag das stimmen, dass sie im linken politischen Spektrum angesiedelt sind, aber es gibt auch diverse Fanszenen, die sich eindeutig dem rechten Spektrum (z.B. Dynamo Dresden, Hansa Rostock, Duisburg) zugehörig fühlen. Für die VfB Oldenburg Fußball GmbH und Oldenburg sind uns dazu keine Untersuchungen bekannt. 


Selbstverständlich würde das Geld an anderen Stellen fehlen oder andere (linke) Positionen würden den Rotstift zu spüren bekommen: Bezahlbarer Wohnraum, Maßnahmen gegen den Pflegenotstand, Bildungsangebote, Maßnahmen zur Bekämpfung von Ungleichheiten, der Breitensport, die Entwicklung des öffentlichen Raums, Inklusion, Jugendarbeit, soziale Projekte, Klimagerechtigkeit und vieles weiteres.


Mit der Herausbildung einer kommerziellen Sportbranche/Unterhaltungsindustrie sind die kommunalen SteuerzahlerInnen auf diesem Gebiet nicht mehr verantwortlich.


Bitte schreiben Sie an Ihre Vertreter*innen Dr. Holger Onken, Hans-Henning Adler, Christel Homann und Jonas Höpken im Rat der Stadt Oldenburg: bsw-fraktion@stadt-oldenburg.de

und an den Kreisvorstand der Partei DieLinke vorstand@die-linke-oldenburg.de


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