Offenbach hat eine Arena mit Geschichte. Sie wurde im Jahr 1921 als Mehrsportarena, auf einer Freifläche an der östlichen Stadtgrenze auf dem 130 Meter hoch gelegenen Bieberer Berg erbaut,.
Am 18. Juni 2009 beschloss der Offenbacher Magistrat einen Umbau des Stadions für 25 Millionen Euro, der von der Bremer AG aus Paderborn ausgeführt wurde. Die Auftraggeberin war zwar die neu gegründete “Stadiongesellschaft Bieberer Berg”, der Löwenanteil wurde jedoch aus Mitteln des Landes Hessen finanziert. Ganz anders als in Oldenburg, wo die Stadt glaubt, einen mindestens doppelt so teuren Neubau allein stemmen zu können und ihn - gegen den Rat von Fachleuten - sogar mitten in die Stadt klotzen will.
Das Offenbacher Stadion sollte für jährlich 450.000 Euro an den OFC vermietet werden. In etwa die gleiche Summe, wie für das etwa doppelt so teure Drittliga-Stadion für die VfB Oldenburg Fußball GmbH an Miete vorgesehen ist. Die Offenbacher Kickers gliederten dafür ihre Profiabteilung in eine Kapitalgesellschaft aus. Auch die Stadt Offenbach wollte das Fußballstadion zum Heim der Unterhaltungsfußballer machen: Es beherbergt die Kickers-Geschäftsstelle und einen Fanshop. Damit die Kickers Offenbach GmbH mehr Geld einnimmt, baute der Magistrat der Stadt VIP-Logen und andere moderne Vermarktungsmöglichkeiten auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler: „...das auf dem Hintergrund eines plausiblen Wirtschaftsplans einer Kickers Offenbach GmbH, und da kommen wir zum Kern. Ich habe als Stadtverordneter damals auch meine Hand dafür gehoben, denn es gab für uns keinen Grund zu zweifeln, dass das wirtschaftlich für die Stadt Offenbach ohne jeden Verlust auch darstellbar sein würde, dass die Kickers dort spielen und entsprechend über die Miete das Ganze sich auch trägt“ wurde der Sportdezernent Peter Schneider im Deutschlandfunk zitiert. Inzwischen fühlt er sich von der damaligen Geschäftsführung betrogen.
Nur ein Jahr nachdem der Umbau des Stadions am Bieberer Berg 2012 eingeweiht worden war, mussten die Kickers Insolvenz anmelden. „Stadt und Land hatten noch versucht, den Verein zu retten, mit Forderungsverzicht, Stundung und Landesbürgschaft. Man wollte so auch verhindern, dass der Hauptmieter für das Stadion wegfällt, doch geholfen hat es am Ende nicht. Für die Stadt Offenbach bedeutet das nun, dass sie nicht nur einen Großteil ihrer Forderungen abschreiben muss, sondern vor allem jährlich auf 325.000 Euro Mieteinnahmen verzichten muss.“ (Deutschlandfunk 2013)
Es nutzte alles nichts, schon 2016 waren die Kickers wieder insolvent. „Obwohl es als Zweitligastadion konzipiert wurde, hat es bislang noch keine Saison in Deutschlands zweithöchster Spielklasse erlebt. Jahr für Jahr Tristesse in der vierten“ (OP-online, 17.06.2024). Wenn auch mit doppelt so vielen Zuschauerinnen und Zuschauern wie in Oldenburg, sind es doch nur noch halb so viele, wie das Stadion vor seinem Ausbau auf 2.-Liga-Standard sah.
Die reale Stadionmiete beträgt nur einen Bruchteil des geplanten Betrags
Als Viertligist kann die Kickers Offenbach GmbH nur noch einen Bruchteil der ursprünglich vereinbarten Stadionmiete zahlen. Geschäftsführer David Fischer konnte nur noch versuchen, den Schaden zu begrenzen. Zur Erklärung der Misere sagte er 2013:
„Die Schwierigkeit im Fußballbereich ist ein sehr, sehr emotionales Umfeld, wo sie oftmals getrieben sind von einem einer Erwartungshaltung von Seiten Sponsoren, Fans, eigener Anspruch, und somit hat das oftmals zur Konsequenz, dass sie womöglich Dinge und Entscheidungen fällen, die aus dem Bauch heraus sind, die emotional geprägt sind und vielleicht nicht immer nach wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, sondern eher halt nur von der Hoffnung und der erwartungsvollen Haltung, dass man sportlichen Erfolg hat.“ (Quelle:
Deutschlandfunk)
Das Stadion am Bieberer Berg kostet die Stadt Offenbach aktuell Millionen.
Solange es mit dem Hauptmieter nicht bergauf geht, legen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler drauf. So zumindest könnte eine jüngst von den Stadtverordneten beschlossene Kapitalerhöhung mitsamt erlassener Darlehensrückzahlung verstanden werden. Mittlerweile ist Geschäftsführer Herzog zwölf Jahre im Amt und verspricht immer noch, dass die Millionen-Zuschüsse kein Dauerzustand werden sollen: „Beide Maßnahmen in der Kombination mit dem Betriebskostenzuschuss von 2024 bis 2027 sollen die SBB finanziell unterstützen, aber keine dauerhaften Verlustübernahme-Mechanismen werden“ wird er in OP-online 17.06.2024 zitiert.
Während der langen finanziellen Malaise ist der Fußballtempel gealtert, das kostet Geld. Auch die Modernisierung von „Gebäudeleittechnik, Videoüberwachung und anderen diversen sicherheitsrelevanten Reparaturen“ fordern zusätzliche Ausgaben „in einem mittleren sechsstelligen Bereich“ - Mittel, die die Stadt Offenbach natürlich an anderer Stelle einsparen muss.
Kickers haben die uneingeschränkte Stadionverfügbarkeit
Im Hinblick auf die Kritik, die Stadiongesellschaft tue nicht genug, um neben dem Fußball ein breiteres Angebot auf die Beine zu stellen, entgegnet der Geschäftsführer Herzog: Bereits vor der Ergebniskrise, habe man sich in der SBB „intensiv mit neuen und alternativen Einnahmepotenzialen beschäftigt und soweit möglich auch umgesetzt“.
Bei Transfermarkt picken wir, wie es Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) auch gern macht , die Jahre heraus, die uns ins Konzept passen:
2005 - 2008 (vor dem Umbau) um die 11.000 Zuschauer*innen
2023/24 (Regionalliga) 6.124 Zuschauer*innen
Die Stadt Oldenburg könnte von Offenbach auch Positives lernen. Offenbach liegt beim Solarausbau auf öffentlichen Gebäuden laut einer
Studie der Viessmann Climate Solution auf Platz zwei unter deutschen Großstädten, Oldenburg nur auf Platz 51. Aber um Nachhaltigkeit geht es bei dieser 1.870 km langen Busfahrt nicht, sondern um neue Einnahmequellen für die VfB Oldenburg Fußball GmbH – sprich VIP-Parkplätze, VIP-Logen und Business Seats.
Fazit
Experten weisen immer wieder darauf hin, dass Fußballstadien nicht in Innenstädte gehören. Offenbach konnte seinen Tempel sogar auf einen Berg 130 m über der Stadt erstellen. Dafür wurde auf Kosten des Landes Hessen sehr viel klimaschädlicher Beton vergossen. Die Kosten zukünftiger Sanierungen und Renovierungen werden in der Oldenburger Planung nur unzureichend berücksichtigt - in Offenbach belastet das die Stadtkasse unvorhergesehen mit Millionen, die an anderer Stelle eingespart werden müssen. Genauso wie Offenbach 2012, bemüht sich der Rat der Stadt Oldenburg sogar im Jahr 2024 nicht um eine CO2-reduzierte Bauweise. Für die Verwendung von CO2- reduziertem Beton wird nicht einmal ein Angebot eingeholt.
In Offenbach haben all diese Sünden an der Umwelt und den Finanzen nicht einmal zu dem erhofften sportlichen Erfolg geführt - heute kommen weniger Leute, als vor dem Umbau.
Die Oldenburger Stadionplanungsgesellschaft nimmt Mitglieder des Rates und Vertreter der VfB Oldenburg Fußball GmbH mit auf eine mehrtägige
Reise zu Fußballstadien in Offenbach, Chemnitz und Regensburg. In allen drei Fällen sind die Fußballunternehmen nach Bezug des neuen Stadions in Insolvenz gegangen, lagen die Zuschauerzahlen der letzten Spielzeit (2023/24) im Schnitt niedriger als vor dem Um- bzw. Neubau. Die ursprünglich geplanten Entgelte für die Stadionnutzung wurden drastisch gesenkt und die Verluste liegen um Millionen höher als geplant. Alle drei Städte haben Oberbürgermeister*innen von der SPD.
Mehr zu den anderen beiden Stationen der Stadionbereisung erfahren sie hier: