Grundsätzlich muss die Wettbewerbsaufsicht der Europäischen Kommission über alle Infrastrukturmaßnahmen für den Profisport, die Betriebsbeihilfen von der Öffentlichen Hand enthalten sollen, notifiziert werden. In der Notifizierung müsste die Stadt Oldenburg unter anderem erläutern, wie ein Drittliga-Fußballstadion die Ziele der EU fördert. Sonst könnte die Freistellung verweigert werden.
Im Jahre 2014 wurde eine vereinfachte Meldung eingeführt. Für „Betriebsbeihilfen für Sportinfrastrukturen von unter 2 Mio. EUR pro Infrastruktur und Jahr“ reicht nun die vereinfachte Meldung (siehe VERORDNUNG (EU) Nr.
651/2014 DER KOMMISSION, Artikel 4). Der Schwellenwert für Blockfreistellung wurde 2023 auf
2,2 Mio. EUR pro Infrastruktur und Jahr angehoben.
Vereinfachte Meldung möglich, wenn unter 2,2 Mio Euro
Die vereinfachte Meldung besteht aus einem einfachen DIN-A4-Blatt mit 16 simplen Angaben, die die Rechtsabteilung der Stadtverwaltung ohne externe anwaltliche Beratung selbst ausfüllen könnte (Beispiel
Ludwigsparkstadion).
Der Rat hat für das Drittligastadion korrekterweise die Notifizierung gefordert, da eine neue Beihilfe im Rahmen der sogenannten „ex-ante“-Kontrolle grundsätzlich vorab bei der Kommission anzumelden ist. Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) hat in seiner schriftlichen Antwort aber von der Ratsentscheidung abweichend angekündigt, es werde eine Rechtsanwaltskanzlei gesucht, „zur Prüfung, ob ein Notifizierungsverfahren bei der Europäischen Kommission erforderlich ist und - sofern dieses bejaht wird - zur rechtlichen Begleitung dieses Verfahrens.“
Die Stadtverwaltung bezieht die Notifizierung nur auf die Vergabe des Stadionbetriebs an eine Eigengesellschaft ohne EU-weite Ausschreibung. Noch problematischer ist allerdings, dass die VfB Oldenburg Fußball GmbH den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Stadion zieht. Zum einen agieren Sponsoren wie hummel Cenozoic ApS (Århus, Dänemark) und MATTHÄI Bauunternehmen GmbH & Co. KG im Binnenmarkt. Vor allem aber werden Talente des Berufsfußballs europaweit gehandelt, wofür der VfB Oldenburg Fußball GmbH dann mehr finanzielle Mittel bleiben, wenn sie ihr Stadion nicht selbst finanzieren muss. Daher wertet die EU-Wettbewerbsaufsicht diesen Zuschussbedarf / diese Betriebsbeihilfe als einen Eingriff in den Binnenmarkt.
Betriebsbeihilfe schönrechnen
Die Bürgerinitiative KEIN StadionBau hat seit Februar 2023 mehrfach davor gewarnt, dass die Stadionplanung die Betriebsbeihilfe unter allen Umständen auf unter zwei Millionen Euro jährlich schönrechnen wird. Das geschieht jetzt u.a. durch völlig überzogene Erwartungen an die Erlöse. So rechnet die Stadt zum Beispiel mit einer Kaltmiete von 15 Euro/m² (CSIGHT S.83), wenn in Donnerschwee neun Euro/m² schon teuer sind. Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) hat in der Sitzung des Ausschusses für Finanzen und Beteiligungen am 2. April 2024 eingeräumt, dass es noch keine Mietverhandlungen mit der VfB Oldenburg Fußball GmbH gegeben hat und dass er deren Ergebnisse geheim halten wird. Wir werden also nie erfahren, um wie viel niedriger als die veranschlagten 15 Euro/m² die reale Miete ausfallen wird.
Nun schreibt die Stadtverwaltung in der
Vorlage 24/0283:
„Der jährliche Zuschussbedarf der Stadion Oldenburg GmbH & Co. KG wurde im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsberechnungen zum Stadionneubau kalkuliert und beträgt … zwischen 1,7 und 1,94 Millionen Euro.“
Die Stadionplanungsgesellschaft hat offensichtlich für viel Geld Berechnungen ausarbeiten lassen, in denen trotz der überzogenen Erlös-Erwartungen für ein Stadion mit 10.000 Plätzen die Verluste mit einem Ankermieter in der 4. Liga (aktuell ohne Aufstiegsplatz) für alle Szenarien über zwei Millionen Euro liegen. Diese Zahl berücksichtigt die gewerbliche Nutzung der vier bis sieben Hektar grossen städtischen Fläche noch nicht, der reale Zuschussbedarf liegt daher über der Schwelle für die Blockfreistellung nach Artikel 55 GBER.
Stadtverwaltung aus dem Schneider?
Wenn der Rat dem so zustimmt, dann hat sich die Stadtverwaltung durch den Rat abgesichert. Dann kann die Stadtverwaltung sagen, dem Rat lagen doch die Daten von IFS vor (hat die Finanzdezernentin Frau Dr. Figura im AFB so gesagt), beschlossen wurde aber auf Basis eines Zuschussbedarfs unter 1,94 Millionen Euro. Auf dieser Basis haben wir die Kanzlei befragt.
Die Kanzlei Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB wird auftragsgemäss zum Schluss kommen, dass für eine Betriebsbeihilfe unter 2,2 Mio Euro keine EU-Notifizierung notwendig ist. Dafür braucht es eigentlich keine externe Beratung, die Quelle ist oben mit Link zitiert.
Der jährliche Zuschuss wird nach Bauabschluss in jedem Fall, selbst mit einem Ankermieter in der 3. Liga, ganz sicher über zwei Millionen Euro liegen (Beispiel
Jahnstadion in Regensburg). Das haben wir in unserer Kritik des
Nutzungs- und Betriebskonzeptes bereits im Detail belegt.
Wichtig ist, dass der Rat der Stadt Oldenburg die Vorlage an die Wirtschaftlichkeitsberechnungen anpasst auf:
„Der Zuschussbedarf … wurde im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsberechnungen zum Stadionneubau kalkuliert und beträgt … jährlich zwischen 1,7 und 2,3 Millionen Euro.“
Ohne eine realistische Zahlengrundlage kann die rechtliche Beratung zur Beihilfe keine realistische Antwort liefern. Ohne Freistellung der Betriebsbeihilfe durch die Wettbewerbsaufsicht der Europäischen Kommission gibt es keine Rechtssicherheit für das Drittligastadion und für die VfB Oldenburg Fußball GmbH. Die Freistellung von Betriebsbeihilfen für Sportinfrastrukturen gilt aber auch immer nur für das, was die öffentliche Hand gemeldet hat.
Wir fordern, dass der Rat der Stadt die Stadtverwaltung anweist, vor allen weiteren Planungen die Wettbewerbsaufsicht der Europäischen Kommission über die Investitionssumme von 50,388 Mio. Euro für eine Drittligastadion und eine jährliche Betriebsbeihilfe von drei Mio. Euro notifiziert. Der genaue Zuschussbedarf ist dabei weniger wichtig als die Nutzungen, die die Freistellung begründen sollen.