Die Stadiondebatte wurde von den Befürwortern nur emotional geführt. Sachargumente fehlen oder sind schlicht falsch.
Von wegen Fairness und Transparenz! Deshalb machen wir hier den Faktencheck.
Behauptung
Wahrheit
Profi-Fußball gehört zu den Aufgaben der Stadt Oldenburg.
Blanker Unsinn! Profi-Fußball gehört selbstverständlich nicht zur kommunalen Daseinsvorsorge. Eine Kommune muss den Unterhaltungsfußball genauso behandeln, wie etwa ein kommerzielles Großkino oder jeden anderen Wirtschaftsbetrieb. Dagegen sind Museum, Schwimmbad, Stadtpark oder Theater etwas völlig anderes. Legitimiert ist die begründete Verwendung von Steuergeld nur bis zur Regionalliga. Kommerzieller Fußball ab der 3. Liga wechselt aus fachspezifischer Sicht vom Feld des Sports in die Unterhaltungsbranche. Er muss also fein selber sehen, wie er das Geld zusammen bekommt für den Bau von Stadien etc. - etwa von Investoren und/oder Sponsoren. Negative Beispiele einer verfehlten kommunalen (Sport-)Politik und Stadionneubauten mit explodierenden Kosten sind Aachen, Krefeld-Uerdingen und vor allem Karlsruhe oder Chemnitz - geradezu eine "Blaupause" für Oldenburg. Etwas anders läuft's dagegen in Kiel.
Das neue Stadion ist nicht allein für den VfB, sondern auch für andere Sportvereine in Oldenburg.
Glatt gelogen! Fakt ist, es soll ein reines Fußballstadion werden. Es gibt weder Laufbahn, noch andere Bereiche für Leichtathletik oder Breitensport. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) verbietet faktisch alle anderen sportlichen Aktivitäten auf dem Dritt-Liga-Rasen, weil die Auflagen extrem hoch sind: „Das Stadion muss für den gesamten Spielbetrieb des Bewerbers in der 3. Liga zur Verfügung stehen." (Quelle) Andere Vereine bleiben also ausgesperrt oder wollen gar nicht wechseln, wie etwa die Oldenburger Knights. Die sind aber inzwischen weich geworden und können sich jetzt plötzlich doch einen Umzug vorstellen. Sie waren seinerzeit nur deshalb für einen Neubau, weil dann keine Terminabsprachen mit dem VfB im Marschwegstadion mehr nötig wären. Wenn der American Football nun doch Drittliga-Rasen malträtieren darf, gäbe es dauernd Terminkollisionen. Außerdem könnte die GO.KNIGHTS FOOTBALL GmbH wohl kaum das veranschlagte Entgelt von 15.000 Euro aufbringen, das laut fragwürdigem Nutzungskonzept für die „Krogmann-Arena" fällig wird. Für ein einziges Spiel!
Das neue Stadion wird ja gar nicht für den VfB gebaut, sondern für alle Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt.
Fieser Etikettenschwindel! Profitieren wird nur die kleine Minderheit der VfB-Fans. Die Bürgerinnen und Bürger bleiben außen vor - abgesehen vom Rudelsingen einmal im Jahr. Daran ändern auch Outdoor-Gottesdienste, Business-Events und der VfB-Fanshop nichts, die angeblich das Stadion beleben sollen. Die Stadt hat sich extra ein pompöses Konzept von einer Hamburger „Unternehmensberatung des Sportbusiness" zusammenschreiben lassen. Wir halten die zusätzlichen Nutzungsmöglichkeiten für reine Fantasie. Wie übrigens selbst der Projektentwickler „Stadion" der Stadt Oldenburg, Joachim Guttek. Der nach der Vorstellung im Finanzausschuss vor Zeugen tatsächlich meinte, das sei doch nur eine Anregung für die Politik, sich Nutzungsmöglichkeiten auszudenken - woran er sich jetzt nicht mehr erinnern möchte. Wie „fantastisch" das Konzept ist, zeigen schon die tollen Fotos mit zehntausenden Besuchern auf den Rängen - in Oldenburg geht es um gerade mal 10.000 Plätze. Allerdings, wer sich das Kurzkonzept jetzt auf der Website der Stadt Oldenburg ansieht, stellt verwundert fest: Alle Fotos sind plötzlich verschwunden! Warum? Eine ausführliche Analyse lesen Sie in unserem Blog.
Die zusätzlichen Nutzungsmöglichkeiten bringen jede Menge Geld in die Kasse und reduzieren die laufenden Kosten.
Geht's noch? Die bislang vorgestellten Nutzungmöglichkeiten, etwa Outdoor-Gottestdienste oder ein Sportfest einmal im Jahr, führen zu keiner nennenswerten Reduzierung der laufenden Betriebs- und Unterhaltskosten des geplanten Stadions. Die werden auf mindestens zwei Millionen Euro im Jahr geschätzt, was allerdings hinten und vorn nicht reichen wird. Neueste Idee: Jetzt soll die Weser-Ems Hallen Oldenburg GmbH Betreiberin des Stadions werden. Damit „verschwinden" die Zuschüsse erstmal aus der Öffentlichkeit. Schon jetzt muss die Stadt für 2024 laut Haushaltsentwurf mehr als 5,62 Millionen Euro zum laufenden Betrieb der Hallen zuschießen. Fast 100.00 Euro mehr als für das Jahr 2023. Da kommt es auf die zwei Millionen Euro für das neue Stadion wohl auch nicht mehr an. Dass die neuerdings angedachten zusätzlichen Nutzungen sowieso kaum Einnahmen bringen, haben wir mit einer einfachen Rechnung nachgewiesen. Beispiel: Die 100 Business-Events pro Jahr sind schlicht Illusion. Wenn so die prophezeiten, fast 200.000 Euro eingespielt werden sollen, müssten dazu allein 21.600 Leute kommen. In unserem Blog finden Sie eine ausführliche Analyse.
Der Stadionneubau an der Maastrichter Straße kostet laut Machbarkeitsstudie etwa 47,5 Millionen Euro.
Falsch! Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) setzt alles daran, die Baukosten möglichst niedrig erscheinen zu lassen. Noch vor drei Jahren sollte das Projekt nur 34 Millionen Euro kosten. Jetzt also eine moderate Steigerung. Obwohl der städtische „Eigenbetrieb Gebäudewirtschaft und Hochbau" in einem Bericht selbst feststellt, dass es „exorbitante" Preissteigerungen im Bausektor gegeben hat: Der sogenannte Baupreisindex sei allein von 2020 bis Mitte 2023 um sagenhafte 43 Prozent gestiegen. Rechnet man den Grundstückswert hinzu, sind wir schon bei 68 Millionen Euro. Die bislang vorgelegten Zahlen sind also - im Sinne des Auftraggebers - massiv geschönt. Das bestätigen auch Berechnungen des Steuerzahlerbundes. Die vorgelegten Zahlen sind fernab jeglicher Realität. Aber ein beliebtes Mittel in der Politik, um umstrittene Projekte erstmal anzuschieben. Das bestätigt ein renommierter Wissenschaftler, Prof. Dr. Jürgen Schwark, in einer ausführlichen Analyse der Argumente der Stadion-Befürworter.
Den Stadionbau kann sich Oldenburg locker leisten und die laufenden Betriebs- und Unterhaltskosten anschließend auch. Geld ist genug da.
Aufgepasst, das ist wieder eine der berühmten krogmännschen „Faktengrätschen", man könnte auch sagen, ein argumentativer Spagat. Während der Oberbürgermeister in Oldenburg rumtönt, die Stadt könne einen Stadionneubau mit links finanzieren, beklagt er gleichzeitig in seiner Funktion als Vizepräsident des Niedersächsischen Städtetags, die Kommunen seien finanziell am Ende und das Land müsse einspringen, um den Milliarden-Sanierungs- und Investionsstau abzubauen. Mehr noch: Man könnte auch darüber nachdenken, „ob sämtliche freien Ressourcen des Landes für die Anhebung der Lehrergehälter auf A13 aufgebracht werden müssen" sagte Jürgen Krogmann (SPD) allen Ernstes der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ). Außerdem, ganz so dicke hat's auch Oldenburg längst nicht mehr. Im Haushalt 2024 klafft schon ein 32-Millionen-Loch, das nach neuesten Schätzungen in den kommenden Jahren noch deutlich größer wird. Bis 2028 soll das Minus bis auf 71. Millionen Euro anwachsen.
Wir pumpen jetzt erstmal 15 Millionen in die Stadiongesellschaft, das Geld kommt später wieder rein.
Wie bitte? Liquiditätsüberschuss? Wo soll der herkommen? „Die Stadt wird als Gesellschafterin den, durch den Einsatz der städtischen Eigenkapitaleinlage voraussichtlich entstehenden, jährlichen Liquiditätsüberschuss, mittels Kapitalentnahmen aus der Stadion GmbH & Co. KG an den städtischen Haushalt zurückführen", heißt es ziemlich verquast in der Beschlussvorlage für den Rat. Die steile Behauptung, die Stadt bekomme die 15 Millionen Euro aus einem „Liquiditätsüberschuss" zurück, ist nichts anderes als reine Finanzakrobatik. Die Stadiongesellschaft ist siebenstellig defizitär geplant und wird nur durch eine ebenfalls siebenstellige Betriebsbeihilfe der Stadt ein ausgeglichenes Jahresergebnis erreichen können. Außerdem wurde bislang überhaupt noch keine Liquiditätsplanung vorgelegt.
Wir beauftragen für das Projekt einen „Totalunternehmer". Der baut alles aus einer Hand, das spart jede Menge Geld.
Ach so! Wie die Beauftragung eines Totalunternehmers aber auch
„total in die Hose" gehen kann, zeigt sich am Beispiel der Stadt Münster. Dort musste das ursprüngliche Budget für den Umbau des städtischen Stadions von immerhin schon mal 65 Millionen Euro um satte 23 Milionen Euro erhöht werden. Die zusätzlichen Millionen umfassen „Leistungen des Totalübernehmers, nachgelagerte Ausbauleistungen, die der Fußball-Drittligist SC Preußen Münster ausführt, sowie Erschließungsmaßnahmen und Bauherrenkosten“, heißt es dazu in einer Mitteilung der Stadtverwaltung. Offenbar lagen die Angebote der Totalunternehmer deutlich über den von der Stadt angesetzen Kosten. Münster rechnet jetzt mit mehr als
88 Millionen Euro - nur für einen Stadionumbau! Als Folge musste übrigens eine für zehn Millionen Euro geplante Fahrradbrücke und der Neubau eines Schwimmbads gestrichen bzw. verschoben werden.
An den Baukosten beteiligen sich Sponsoren und den laufenden Betrieb übernimmt eine Gesellschaft.
Stimmt nicht! Bislang sind gar keine potenten Investoren in Sicht. Die VfB Oldenburg Fußball GmbH verfügt über keine nennenswerten Rücklagen, um sich überhaupt irgendwie an den Investitionskosten zu beteiligen. Inzwischen wurde eine städtische Planungsgesellschaft gegründet, die später zur Stadionbetriebsgesellschaft werden soll. Zusätzliche Kosten allein dafür schon jetzt rund 700.000 Euro. Für das Jahr 2024 wurde sogar eine Million Euro im Haushalt eingeplant. Obwohl das Stadion noch eine Wunschvorstellung ist, kosten es schon jetzt richtig Geld. Hohe jährliche Instandhaltungs- und Unterhaltskosten kommen später obendrauf. Die Stadt muss nach aktueller Planung jedes Jahr mehrere Millionen Euro zuschießen. Das (Steuer-)Geld wird anderswo fehlen, befürchtet nicht nur der Steuerzahlerbund! Übrigens: Da der VfB wieder abgestiegen ist, wird es für die Stadt noch teurer, weil jetzt die ohnehin schon zu geringen Einnahmen aus der geplanten Vermarktung des Stadions drastisch sinken, die jährlichen Betriebskosten aber - nicht nur inflationsbedingt - steigen werden.
Ein Stadion in der Nähe des Bahnhofs entlastet die Polizei und verhindert Gewalt.
Schön wär's. Das Niedersächsische Innenministerium veröffentlichte eine aktuelle Statistik, nach der die Zahl gewaltbereiter VfB-Fans entgegen dem allgemeinen Trend während der Saison in der 3. Liga deutlich gestiegen ist. Voralllem die sogenannte Gruppe C, also Hooligans, denen es gar nicht um Fußball, sondern schlicht um Klopperei geht. Die treffen sich natürlich nicht im Stadion, sondern verabreden sich an Plätzen ohne erwartbare Polizeipräsenz, etwa in der Innenstadt, um Krawall zu machen. Der 1. FC Bayern München hat übrigens rund 300 mal so viele Mitglieder, wie der VfB Oldenburg, aber nach offiziellen Zahlen nur dreimal soviele gewaltsuchende Fans. Das sogenannte Fan-Projekt der Stadt Oldenburg, das eben gerade Gewalt verhindern soll, scheint also krachend gescheitert. Übrigens: Mehr Stellen soll es laut Oberbürgermeister Krogmann (SPD) dafür nicht geben. Es fehlt das Geld. Wer hätte das gedacht?
Den Anwohnern am Marschweg ist die Belastung durch das Stadion nicht länger zuzumuten.
Fakt ist, schon jetzt leben fast genauso viele Menschen in direkter Nähe des geplanten Bauplatzes um die Maastrichter Straße, wie am Standort Marschweg. Tendenz steigend: Nicht nur die unmittelbare Nachbarschaft in Donnerschwee, auch die neuen Quartiere am Stau und am Hafen sind betroffen. Das blendet die Studie von 2017 völlig aus. Ein Stadion gehört einfach nicht in die Nähe der Innenstadt. Im Übrigen reichen die Planungen des Stadions am Marschweg bis in die 30iger Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück. Wer also später nach Eversten gezogen ist, musste wissen, was das bedeutet und was da abgehen kann.
Für Lärmschutz ist gesorgt.
Tatsächlich? Effektiver Lärmschutz für ein Stadion ist ohne massiven Aufwand kaum möglich. Das wird richtig teuer. Denn die aktuelle Lärmschutzverordnung regelt eindeutig: Übertönt der bei mir ankommende Lärm vom Sportplatz ein normales Gespräch, so muss das nicht hingenommen werden. Laut aktueller Planung sind zwar nach Norden und Westen Lärmschutzwände vorgesehen, aber die Kosten dafür sind überhaupt nicht eingerechnet. Außerdem reflektiert der Lärm dann in Richtung des neuen Wohnquartiers am Stau und Hafen. Nochmal: Ein neues Stadion gehört einfach nicht in die Nähe der Innenstadt und eines „Misch-Wohngebiets". Von der steigenden Belastung durch den zusätzlichen An- und Abfahrts- und Parkplatzsuchverkehr ganz abgesehen. Das Thema „Lärmschutz" wird im Bauleitverfahren wahrscheinlich eine wichtige Rolle spielen.
Alles zum Stadionneubau wird offen und transparent kommuniziert.
Von wegen Kommunikation! Zwar beklagt Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) im sogenannten
VfB-Talk der Nordwest-Zeitung (NWZ) mächtig gereizt die - seiner Ansicht nach - mangelnde öffentliche Wertschätzung für sein Engagement und seine Kommunikation in Sachen Stadionneubau. Wir fragen uns allerdings, welche Kommunikation meint er? Vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden? Zahlen klein und schön zu rechnen? Nicht-öffentliche Sitzungen der Stadion-Planungsgesellschaft hinter verschlossenen Türen? Das kann es ja wohl nicht sein. In einer umfangreichen
Fallstudie zeigt die Universität Hohenheim massive Kommunikationsdefizite bei Stadtverwaltung und Stadionbefürwortern auf. Außerdem wirft sie ein Schlaglicht auf die Rolle der NWZ in der aktuellen Debatte und bewertet auch die Positionen der Parteien. Und sowieso ist Bürgerinformation
noch lange keine Bürgerbeteiligung.
„Große Mehrheit will ein neues Stadion"
So lautet die knallige Überschrift eines Artikels auf der Titelseite der Nordwest-Zeitung (NWZ) vom 31. Mai 2022. Die vollmundige Behauptung geht auf eine Umfrage der NWZ zurück. Wichtiges Detail: Die Umfrage ist nicht die Spur repräsentativ. Es konnte mehrfach abgestimmt werden. Auch wer gar nicht in Oldenburg lebt, konnte sich beteiligen. Das Ergebnis ist also massiv verzerrt und entspricht nicht ansatzweise der Wirklichkeit. Der Deutsche Presserat, das Kontrollorgan der gedruckten und Online-Medien, hat deshalb eine Missblligung ausgesprochen. Eine gute Einschätzung zur Qualität der Umfrage und zur Rolle der NWZ in der Stadion-Diskussion gibt es hier. Übrigens: Die NWZ ist offizieller „Medienpartner" des VfB Oldenburg, wie auf deren Website stolz verkündet wird. Da stellt sich wohl die Frage nach der journalistischen Unabhängigkeit. Oder anders ausgedrückt, so erklärt sich wahrscheinlich die auffällige Einseitigkeit in den NWZ-Berichten zum geplanten Stadionbau. Und weil der treue „Medienpartner" es offenbar nicht lassen kann, hat die NWZ Anfang Dezember 2023 genau die selbe Nummer noch einmal aufgelegt: Wieder eine Online-Abstimmung über das VfB-Stadion - teilnehmen kann wieder wer will, aus ganz Deutschland und der Welt und wieder beliebig oft. Einfach nur frech!
Das neue Stadion kann für Veranstaltungen und Konzerte genutzt werden.
Wunschvorstellung: Mit den zunächst geplanten 7.500 Sitzplätzen - und auch mit 10.000 - ist es viel zu klein für große Namen und als Location für weniger bekannte Künstler schlicht zu teuer. Außerdem müsste jedes Mal mit Riesenaufwand und erheblichen Kosten das Spielfeld bzw. der Rasen abgedeckt werden. Das ist nicht wirtschaftlich. Auch sind die städtischen Weser-Ems-Hallen gleich nebenan. Sozusagen Konkurrenz im eigenen Haus. DFB-Sperrvorgaben erschweren einen multifunktionalen Gebrauch des Stadions sowieso zusätzlich. Das Argument „Mehrzweckarena" sticht deshalb nicht mal ansatzweise. Zumal die Anwohnerinnen und Anwohner dann deutlich öfter mit Lärm beschallt würden, als bei den 19 oder 20 VfB-Heimspielen. Das wäre rechtlich nicht zulässig, weil dort schon der Kramermarkt für eine hohe Belastung sorgt. Eine „Krogmann-Arena" bliebe also bis zu ihrem Abriss in ferner Zukunft und weit darüberhinaus ein teures Zuschussgeschäft für kommende Generationen.
Das hippe neue Stadion wird als erstes in Deutschland ganz aus Holz gebaut. Es gibt 5.500 Solarmodule auf dem Dach und vertikale Windkraftanlagen zur Stromerzeugung für das LED-Flutlicht.
Wie cool wäre das denn? Allerdings ist die Idee längst vom Tisch - viel zu teuer! In England wird seit 2016 an einem ikonischen
Holzstadion für nur 5.000 Leute geplant und schon damals wurden die Kosten auf umgerechnet 123 Millionen Euro geschätzt - ohne Photovoltaik, ohne Schallschutz und ohne Windstrom vom Dach. Und noch ein gravierender Unterschied: Die total nachhaltigen „Forest Green Rovers" haben einen visionären Multi-Millionär im Vorstand, der auch das Stadion mitfinanzieren will. Wenn die „VfB Oldenburg Fußball GmbH" jetzt ein nachhaltiges Stadion bauen möchte, dann ist das eine rein unternehmerische Entscheidung. Eine politische Entscheidung wäre es, wenn der Rat der Stadt Oldenburg im Rahmen der Wirtschaftsförderung möchte, dass ein Unternehmen des Unterhaltungsfußballs dabei unterstützt wird, ein geeignetes Grundstück dafür zu finden. Aber das ist dann eine völlig andere Debatte. Übrigens, es gab in Deutschland schon mal viel Holz im Fußballstadion: In Jena galt deshalb ein strikes Rauchverbot und die Pyrotechnik hatten sie in der DDR seinerzeit auch gut im Griff. Mit ordentlich Brandschutzimprägnierung sollte das heute kein Problem sein. Das Material ist dann halt mehr aus der Chemiefabrik, als aus dem Wald.
Der Neubau wird ein klimaneutrales Stadion.
Keineswegs! Die Budgetplanung sieht überhaupt kein klimaschonendes Stadion vor, geschweige denn ein klimaneutrales. Das wäre für 47,5 Millionen Euro gar nicht zu haben. Die Mehrkosten für CO²-reduzierten Beton werden sogar unter Verschluss gehalten. Das Prestigeprojekt ist in Sachen Klimaschutz ein totales Desaster und sowohl ökologisch, ökonomisch, als auch gesellschaftlich nicht zu Ende gedacht. Beton ist ein echter Klimakiller: Bei der Herstellung von nur einer Tonne Zement entstehen fast 600 kg CO². Mehr als ein Diesel-SUV auf der Fahrt von Oldenburg bis nach Sizilien produziert. Das klimaneutralste Stadion ist eines, das gar nicht erst gebaut wird. Es wäre ein starkes Zeichen des Stadtrates, wenn Oldenburg auch aus Klimaschutzgründen auf ein neues Stadion verzichtet. Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat sich deshalb in einem Schreiben an den Rat gegen den Neubau und für die Sanierung des Marschwegsstadions ausgesprochen. Und überhaupt: Wenn Stadtrat und Verwaltung das beschlossene Klimaneutralitätsziel 2035 ernst nehmen, kann sich Oldenburg sowieso keinen Stadionneubau erlauben.
Das Marschwegstadion ist baufällig und kann nicht renoviert, modernisiert oder ausgebaut werden.
Stimmt nicht! Ende 2022 wurden vom Rat fast vier Millionen Euro Steuergeld für die Ertüchtigung des Marschwegstadions bewilligt: Flutlichtanlage, Videoüberwachung, zeitgemäße Sicherheitsbeleuchtung und neue Sitzschalen. Ein guter und richtiger Schritt, der viel zu lange versäumt wurde. Bauen im Bestand ist angesagt, nachhaltig sanieren, auch bei Funktionsbauten! Ausgerechnet dem Frankfurter Architektur- und Planungsbüro Albert Speer+Partner (AS+P), das die sogenannte Machbarkeitsstudie für Donnerschwee vorgelegt hat, gelang im Grünwalder-Stadion von 1860 München eine Erweiterung und Modernisierung. Bei ganz ähnlichen Voraussetzungen, wie am Marschweg: Lage im bebauten Umfeld, Lärmthema, Planungs-/Baurecht, keine Parkplätze. Der Verdacht erhärtet sich, dass allein die Formulierung des Auftrags entscheidend ist, was am Ende dabei herauskommt. Der Auftraggeber gibt die Richtung vor und die „Machbarkeitsstudie" fällt entsprechend aus. Oldenburg ist offenbar ein Beispiel, wie aus dem Lehrbuch.
Der Standort für das neue Fußballstadion ist alternativlos: Es kommt nur die Fläche an der Maastrichter Straße infrage.
Ach was! Die sogenannte Machbarkeitsstudie hat überhaupt gar keine alternativen Standorte ernsthaft untersucht oder entsprechende Vorschläge dafür erarbeitet. Es war also von vorn herein klar, dass alles auf die Maastrichter Straße herauslaufen sollte. Dabei gibt es durchaus Alternativen. Und es gab und gibt auch ernsthafte Vorschläge, wo und wie neu gebaut werden könnte, falls es tatsächlich zu einem Neubau kommen sollte, was aber eigentlich Unsinn ist. Nochmal: Der Auftraggeber gibt vor, wo es lang gehen soll, und die beauftragte Studie kommt selbstverständlich zu dem gewünschten Ergebnis. Denn wer gibt schon gern sehr viel Geld dafür aus, um sich dann sagen zu lassen, was Du da vor hast, ist leider so nicht machbar? Eben, unser Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) ganz sicher auch nicht.
Ein neues Profifußball-Stadion trägt zur positiven Imagebildung bei und macht Oldenburg bekannter. Dann kommen sogar mehr Urlaubsgäste.
Nicht wirklich! Als „Ferner-liefen" im deutschen Fußball könne keine positive Imagebildung entstehen, urteilt ein anerkannter Sport- und Sozialwissenschaftler, der als Experte für Sportgroßveranstaltungen auch im Sportausschuss des Deutschen Bundestages gehört wurde. Und wenn Oldenburg tatsächlich ein paar Mal im Fernsehen und in Sport-Blogs genannt wird, führe das nicht automatisch zu einer nenneswerten Steigerung der Bekanntheit. Im Gegenteil, dem MSV Duisburg haftete lange Zeit das wenig schmeichelhafte Etikett an „Graue Maus der Bundesliga" und andere Vereine gelten als „Fahrstuhlmannschaft" oder „Kloppertruppe". Die Unwägbarkeiten sind groß und die Anziehungskraft des Fußballs wird massiv überschätzt. Die Attraktivität von Fußball sei wegen fortschreitender „Übersättigung" inzwischen deutlich zurückgegangen.
Wenn Oldenburg dann endlich ein neues Profifußball-Stadion hat, siedeln sich auch mehr Unternehmen an.
Völlig absurd! Keine Standortentscheidung - weder von Unternehmen, noch von Beschäftigten - wird danach getroffen, ob dort Regionalfußball gespielt wird oder ob das Stadion eine Videoleinwand hat. Trotzdem wird häufig in politischen Debatten dreist und ohne jeden Beleg - und meistens sogar wohl wider besseres Wissen - ein direkter Zusammenhang zwischen Profi-Fußball und Standortwahl konstruiert. Eine wissenschaftliche Studie des bekannten Ifo-Instituts zeigt eindeutig, sogenannte weiche Faktoren haben bei der Standortentscheidung von Firmen - wenn überhaupt - nur eine nachrangige Bedeutung: Verkehrsanbindung, Hebesätze und Grundstückspreise sind entscheidend. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schauen demnach vor allem auf den Wohnungsmarkt, das Angebot an Betreuungs- und Bildungseinrichtungen und auf die Umweltsituation. Da sollte also in Oldenburg investiert werden. Aber genau das Gegenteil passiert: Die Grundsteuer sollte schon erhöht werden! Dabei ist sie bereits jetzt höher, als in den Nachbargemeinden.
Ein neues Stadion für den Profi-Fußball bringt jede Menge Kaufkraft nach Oldenburg.
Längst widerlegt! Es entsteht nicht plötzlich neue Kaufkraft. Die bestehende Ausgabebereitschaft wird möglicherweise anders verteilt: Ein Nullsummen-Spiel. Mehr noch, das Risiko der Verdrängung steigt erheblich, nicht nur im Handel. Auch in der Gastronomie und im Kultursektor, sowie beim Sport. Es ist mit Verdrängungseffekten beim Basket- und Handlball zu rechnen und zwar nicht nur bei den Zuschauerzahlen, sondern auch beim Engagement der Sponsoren. Genau deshalb haben die EWE-Baskets den geplanten Stadionneubau direkt neben ihrer Spielstätte in einem Schreiben an den Oberbürgermeister und die Stadtratsfraktionen zu Recht kritisiert. Außerdem fürchten sie ein Verkehrs- und Parkchaos bei Parallelveranstaltungen. Daran ändert auch eine von VfB-Geschäftsführer Michael Weinberg ins Spiel gebrachte „Studie" zum SC Preußen Münster nichts, die „regionalökonomische Effekte“ von 36 Millionen Euro festgestellt haben will. Die sogenannte Studie stammt von einer SLC Management GmbH, ein Beratungsunternehmen für Sport-, vor allem Fußballvereine, die „das Erreichen ihrer Ziele über ein Engagement in diesen Märkten fördern wollen", wie es etwas verquer auf deren Website heißt. Es ist also wieder mal bestenfalls Schönrechnerei. Wir sind gespannt, wann Oberbürgermeister Krogmann (SPD) oder die CDU-Fraktion auch eine SLC-„Studie" für den VfB präsentiert.
Fußball ist identitätsstiftend und fördert die Integration.
Vorsicht! Was im Jugendfußball und in der Kneipenmannschaft vielleicht noch funktioniert, kann nicht einfach eins zu eins auf den Profi-Fußball übertragen werden. Sport ist nur ein Bereich von vielen, der die Persönlichkeitsentwicklung beeinflussen kann. Eine identitätsstiftende oder -bildende Funktion komme dem passiven Konsum von Profi-Fußball in Oldenburg nicht zu, stellt auch Prof. Dr. Jürgen Schwark in seiner Analyse fest. Die Zuschauerausschreitungen in den oberen Ligen, die zahlreicher werdenden Schiedsrichterattacken und Prügeleien zwischen Spielern in den unteren Spielklassen ließen erhebliche Zweifel aufkommen an einem „dem Fußball per se zugeschriebenen, verständigenden und verbindendenden Potenzial". Ein Grund sei auch das schlechte Vorbild der Profis. Gewalt ist im Fußball allgegenwärtig, das bekannte sogar der DFB: „Wir haben ein gesellschaftliches Problem in Umgang, Respekt und Verhalten."
"Wir wollen die Hölle des Nordens zurück!"
Märchenstunde! Immer wenn argumentativ gar nichts mehr geht, kommt die emotionale Brechstange ins Spiel. Dann fabulieren die Ewig-Gestrigen mit glänzenden Augen von den glorreichen Fußballzeiten von vor 100 Jahren. Oder sind es doch schon 125 Jahre? Zur Erinnerung: Die Sportanlage wurde 1884 als Radrennbahn gebaut. Damals war Donnerschwee noch eine Bauernschaft und direkte Nachbarn gab es nicht. Ein paar Jahre später wurde im Innenraum der Bahn auch Fußball gespielt. Im Jahr 1920 kaufte der VfB das Gelände und baute es zum reinen Fußballstadion um, das im Laufe der Zeit ständig maroder wurde. Um eine drohende Insolvenz abzuwenden, musste der Verein dann 1990 seinen abgerockten Bolzplatz verkaufen, der nun im Nachhinein schwer romantisierend immer mehr zur „Hölle des Nordens"verklärt wird. Wir wollen keine „Hölle 2.0" , denn die Zeiten haben sich geändert!
Das Architektur- und Planungsbüro Albert Speer+Partner (AS+P), das 2017 die Machbarkeitsstudie und 2022 die Fortschreibung erarbeitet hat, ist ein renommierter Auftragnehmer.
Schlechter Beigeschmack: Das beauftragte Planungsbüro AS+P ist ohne Zweifel gut im Geschäft, wenn es um Fußballarenen und andere Megabauten und -events weltweit geht. AS+P hat auch Stadien für die fragwürdige WM 2022 in Katar konzipiert. Ein bekanntes Politmagazin schrieb dazu: „Die Männer, die für das Emirat die Stadien entwarfen, sprechen über den Plan, die Wüste zu kühlen, und das Problem, in Demokratien zu bauen“. Das Frankfurter Planungsbüro ist auch sonst für nicht ganz unverdächtige Auftraggeber in aller Welt aktiv, unter anderem in Aserbaidschan, China, Kasachstan, Russland und irgendwie auffällig häufig in Saudi-Arabien. Es hat dort etwa für den höchst umstrittenen Kronprinzen und sogenannten Premierminister Mohammed bin Salman al-Saud einen abgefahrenen Luxus-Distrikt in Riad entwickelt, sowie seinerzeit auch ein Riesenprojekt für den bizarren libyschen Despoten Muammar al-Gaddafi in Bengasi.