Man muss nur in die Immobilienseiten der Zeitungen schauen, um festzustellen, dass Bauplätze knapp und die Kosten seit Jahren explodieren. Laut Gutachterausschuss lag aktuell der mittlere Quadratmeterpreis in Donnerschwee bei 380,- Euro. Im Umfeld von Bahnhof, ZOB, LzO-Zentrale, Vierol und GSG haben gewerblich nutzbare Grundstücke sogar einen Wert, der eher über den 500,- Euro/m² liegt, die der Gutachterausschuss zum Beispiel für die nördliche Oldenburger Innenstadt ansetzt. Von Altlasten befreit und kommerziell nutzbar wären die für das Stadion vorgesehenen 81.000 m² also eigentlich über 40 Millionen Euro wert.
Die Brache an der Maastrichter Straße, auf der Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) sein Drittliga-Stadion errichten will, ist jedoch als sogenannte Gemeinbedarfsfläche ausgewiesen. Solange die Stadt den Rahmenplan nicht ändert, darf sie deshalb nicht gewerblich genutzt werden und hat dadurch natürlich auf dem Papier einen deutlich geringeren Wert. Deshalb waren bisher 222,- Euro/m² angesetzt, also nur 18 Millionen Euro für die Riesenfläche – wohlgemerkt nach der erforderlichen Bodensanierung, für die auch wir Steuerzahler aufkommen müssen.
Der Bodenrichtwert an der Maastricher Straße ist für Gemeinbedarf auf 275 €/qm festgesetzt worden (siehe Grafic unten). Dieser ist für den Wertansatz bei Abgabenfestsetzungen entscheidend und wird von der Stadt auch regelmässig durchgesetzt. Es ist demnach zu klären, ob das Stadion überhaupt der Nutzungsvorgabe entspricht und ob die angedachte Nutzung eine Betriebsstätte darstellt und somit einen höheren Wertansatz von 500 €/qm erfordert begründet, wie u.a. bei den Gebäuden der GSG und LZO.
Im Finanzausschuss am 5. Februar 2025 wurde ausgeführt, dass die bisherige Bewertung dem des Nachbargrundstücks entspricht, für das die Baskets4Life laut Auskunft des Mitarbeiters des Finanzdezernats eben einen solchen Quadratmeterpreis bezahlt haben sollen.
Was der Quadratmeterpreis mit dem EU-Notifizierungsverfahren zu tun hat
Wenn die Stadt ein Stadion für den Berufsfußball baut, ist das eine unzulässige Beihilfe für einen gewerblichen Nutzer, in unserem Fall die VfB Oldenburg Fußball GmbH. Die Stadtverwaltung wurde vom Rat im April 2024 angewiesen, dazu ein sogenanntes Notifizierungsverfahren bei der EU-Wettbewerbsaufsicht durchzuführen. Dabei muss die Stadt nachweisen, dass das zweite Stadion einen zusätzlichen sozialen, wissenschaftlichen oder kulturellen Wert bietet. Dem ist Oberbürgermeister Krogmann bislang nicht nachgekommen.
Stattdessen hat die Stadtverwaltung bei der Brüsseler Anwaltskanzlei Kapellmann ein Rechtsgutachten beauftragt. Die Anwälte befürchten, dass durch den ursprünglich angesetzten Grundstückswert von 18 Millionen Euro die strikten Schwellenwerte für das von Oberbürgermeister Krogmann stattdessen gewünschte, vereinfachte Meldeverfahren nicht eingehalten werden können. Die strikten Vorgaben begrenzen die Einmalzahlung, also den Eigenzuschuss, nämlich inklusive des übertragenen Grundstücks auf 33 Millionen Euro und die maximale jährliche Betriebsbeihilfe auf 2,2 Mio. Euro. Wer sich die Zahlen in der Planung anschaut, erkennt bald, dass die Begrenzung der Zuschüsse mit der bisherigen Planung wahrscheinlich nicht einzuhalten wäre.
Grotesk: Neue Begutachtung führt zu niedrigerem Grundstückspreis
Um die jährliche Betriebsbeihilfe zu senken, empfehlen die Gutachter also, mehr Geld aus unseren städtischen Rücklagen vorweg in die Stadion GmbH einzuzahlen. Bei Zugrundelegung eines Werts von 18 Millionen Euro für die zu übertragenden Grundstücke könnte der Eigenkapitalzuschuss im Rahmen des vereinfachten Meldeverfahrens (Art. 55 AGVO) jedoch maximal nur 15 Millionen Euro betragen, denn er muss ja insgesamt unter 33-Millionen-Grenze bleiben. Das reicht also nicht. Unter anderem weil es den eigentlich eingeplanten, praktisch zinsfreien Förderkredit gar nicht mehr gibt. Die vom Oberbürgermeister bestellten Brüsseler Anwälte hatten daher schon im Juli 2024 einen guten Tipp:
Trickserei mit großen Zahlen
Das heißt: Die Stadt hat die angeregte, niedrigere Bewertung nun „wie bestellt" tatsächlich bekommen. Das Stadion-Grundstück wird mittlerweile nur noch mit 7,4 Millionen Euro bewertet. Wenn Sie gerade bemerkt haben, dass das städtische, also unser Grundstück, nun für 10,6 Millionen Euro weniger an den gewerblichen Fußball durchgeschoben werden soll, dann haben Sie genau richtig gerechnet.
Auf der Fläche befinden sich sanierungsbedürftige Hotspots (u.a. Klärschlammbecken sowie Altablagerungen). Für die Sanierung erwartet die Stadt Kosten von möglicherweise um die 7,4 Millionen Euro, für die sie hofft, auch einen Zuschuss vom Land einwerben zu können. Selbst wenn wir die geplante Bodensanierung in keiner Weise kritisieren, erscheint es uns abstrus, dass wir Steuerzahler nach Abzug der Kosten der Sanierung die Fläche an die Stadion Oldenburg GmbH praktisch verschenken.
Laut Aussage der Verwaltung im Finanzausschuss werden für das Grundstück des geplanten Fußballstadions jetzt 131,- Euro pro Quadratmeter weniger angesetzt, als die Basket4Life für das Grundstück ihrer Dreifeldhalle gleich nebenan bezahlt haben (222,- Euro/m² gegen 91,- Euro/m²). Das wurde mit vier dürren Stichworten begründet: Kommerzielle Möglichkeiten, Parkplätze, Wald und Biotope.
Kommerzielle Möglichkeiten
Die Basket4Life hätten mit ihrer Halle, so meint die Verwaltung, mehr kommerzielle Möglichkeiten. Nicht erläutert wurde, welche Möglichkeiten das sein sollen, über das Training und die Vermietung der dringend benötigten Fläche für den Schulsport hinaus. VIP-Logen oder einen Fanshop - so wie im Stadion gepkant - gibt es in der Dreifeldhalle nicht. Uns erscheint die Behauptung im Widerspruch zum Nutzungs- und Betriebskonzept, wo die Einnahmen aus dem Fußballstadion bedenklich optimistisch eingeschätzt werden.
Parkplätze
Das Stadion weise viel mehr Parkplätze aus, die auch für andere Veranstaltungen genutzt werden – so die Stadionlobby. Da die Vorgaben die vielen Parkplätze fordern und Stellplätze blockiert werden müssen, sobald der Deutsche Fußballbund (DFB) oder die Deutsche Fußballliga (DFL) ein Spiel ansetzen, sollten die Flächen natürlich den Grundstückswert nicht schmälern. Es ist ja die Entscheidung des Bauherren, was er mit dem Grundstück macht. Fachleute wie Prof. Dr. Nowak und Prof. Dr. Schwark haben den Irrsinn, dass Oldenburg ein Stadion für 20 Fußballspiele im Jahr in eine seiner wertvollsten Lagen in der Stadtmitte bauen will, schon vor langer Zeit öffentlich scharf kritisiert.
Wald
Der für die Entwicklung des Geländes verantwortliche Mitarbeiter behauptete, auf dem 81.000 m² großen Grundstück sei viel Wald. Vermutlich bezieht sich das auf die Waldfläche, die gerodet wurde, um mit dem leicht kontaminierten Aushub aus Sanierungsflächen einen nun überwachsenen Wall zu bilden, der die nur 300 m entfernten Anwohnerinnen und Anwohner vor Lärm schützen soll. Auch das sind erforderliche Vorgaben für den nächtlichen Fußballlärm, die den Wert des sanierten Grundstücks nicht schmälern sollten. Für Büros oder eine Grünfläche wäre kein Lärmschutzwall erforderlich.
Biotope
Auf dem Grundstück gibt es zwei Wasserrückhaltebecken. Das sind technische Bauwerke, die erforderlich sind, weil man so massiv viel Oberfläche versiegelt. Selbst die relativ kleine Fläche des „heiligen Rasens" im Stadion ist bautechnisch gesehen ein nach unten versiegeltes Bauwerk. Die erforderlichen Rückhaltebecken sollten den Grundstückswert nicht schmälern. Statt zu versiegeln, könnte Oldenburg das Grundstück ja auch für die im Masterplan Grün geforderten Ziele nutzen. Die beiden Gewässer sind übrigens nicht im Landschaftsrahmenplan vermerkt. Dass sie laut Aussage des für die Entwicklung des Geländes Zuständigen Mitarbeiters offenbar als Biotope erhalten bleiben sollen, begrüßen wir sehr. Eine offizielle Bestätigung der Stadt dazu kennen wir leider noch nicht.
Die Stadt selbst zahlt für Grundstücke im Bereich der Weser-Ems-Hallen über 500,- Euro/m². Im Finanzausschuss lernten wir, dass sie für das Grundstück der Dreifeldhalle, die die Stadt künftig für den Schulsport anmietet, 222,- Euro/m² kassierte. Um die Gesamtkosten des Drittliga-Stadions zu senken, reicht sie das Grundstück für das Fußballstadion nun für schlappe 91,- Euro/m² durch - um entsprechend mehr Cash aus unseren Rücklagen in die Stadion Oldenburg GmbH einzahlen zu dürfen.
Darum betrachten wir noch einmal, was die angeblich nicht gewerbliche Sondernutzung des geplanten Stadions alles abdeckt, was den Wert angeblich nicht steigern, sondern ihn offenbar halbieren soll:
In Anbetracht der vielfältigen gewerblichen Nutzungen, sind wir gespannt auf die Begründung des Gutachterausschusses, der - wie beauftragt - offenbar zu dem Schluss gekommen ist, dass der Boden jetzt weniger als die Hälfte Wert sei, als bei der Sporthalle direkt nebenan.
Nach den Ausführungen zu den 10,6 Millionen Euro folgte im Finanzausschuss direkt danach eine Entscheidung über die Aufnahme eines Kredits in Höhe von 11,3 Mio. Euro für den Bäderbetrieb Oldenburg (BBO) zu rund drei Prozent Zinsen. Für die Finanzierung der Flächen, die in Oldenburg derzeit für den Schwimmunterricht fehlen, zahlt der Bäderbetrieb dann jährlich einen sechsstelligen Betrag.. Der Bäderbetrieb wird einen entsprechend größeren Verlust ausweisen. Fraktionen, wie die der BSW und manch andere, scheinen stolz darauf, dass sie dank der Nutzung von Rücklagen beim Drittliga-Stadion einen ähnlichen jährlichen Betrag beim Stadion für den gewerblichen Fußball sparen. Dass dann der Bäderbetrieb die Zinsen zahlen soll, scheint vielen Mitgliedern des Rates egal zu sein.
Kennen Sie schon die Geschichte der Milchmädchenrechnung beim Stadionbau in Schilda?