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Beihilfe für Drittliga-Stadion nicht mit dem EU-Wettbewerbsrecht vereinbar

Klaas Brümann • 3. Mai 2023

Oldenburgs Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) äußerte sich im "NWZ VfB-Talk" zur Beihilfethematik für den VfB-Fußball. "Wenn die Stadt die EWE Arena an ein Profisport-Unternehmen vermieten darf, warum soll das bei dem Drittliga-Fußballstadion nicht klappen?" fragte der OB sich und das Publikum.



Der Vergleich der Beihilfe für ein Fußballstadion mit der Multifunktionsarena zeigt, dass die Berater*innen des Oldenburger Oberbürgermeisters das europäische Wettbewerbsrecht nicht richtig gelesen haben. [Der Clip zitiert den ©nwzonline VfB-Talk]


Die einfache Antwort lautet:

Weil Ihr Fußballstadion nicht mit den Regeln des Binnenmarktes vereinbar ist, Herr Oberbürgermeister! Wir erklären Ihnen gern warum.


In der Verordnung (EU) zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt steht in Artikel 55:

Die Sportinfrastruktur darf nicht ausschließlich von einem einzigen Profisportnutzer genutzt werden. Auf die Nutzung der Sportinfrastruktur durch andere Profi- oder Amateursportnutzer müssen jährlich mindestens 20 % der verfügbaren Nutzungszeiten entfallen. ...

Die Sportinfrastruktur beziehungsweise multifunktionale Freizeitinfrastruktur muss mehreren Nutzern zu transparenten und diskriminierungsfreien Bedingungen offenstehen.

Vergleich der Baskets in der EWE Arena mit dem VfB Oldenburg in „OB Krogmanns Drittliga-Stadion“

Die Große EWE Arena ist eine „multifunktionale Freizeitinfrastruktur“. Sie wurde für die städtische Weser-Ems-Hallen Gesellschaft gebaut, um deren alternde Hallen zu ergänzen. Die Weser-Ems-Hallen Betreiberin hält das Hausrecht und vermietet die Hallen nicht nur an die Baskets, sondern zum Beispiel auch für Konzerte und für andere Veranstaltungen. In Erfüllung des Artikels 55 oben (mind. 20 Prozent der Nutzungszeiten) werden 25 Prozent der verfügbaren Nutzungszeit von der Weser-Ems-Hallen Gesellschaft kontrolliert. Die EWE Baskets passen ihren Spielplan daran an. Wenn also in der EWE-Arena ein Konzert stattfinden soll, verschiebt die Basketballliga unter Umständen das Heimspiel der Baskets auf den nächsten möglichen Termin. Das erlaubt die DFB-Drittliga-Lizenz der VfB Oldenburg Fußball GmbH nicht.

Die Baukosten der Großen EWE Arena lagen deutlich unter der Anmeldeschwelle von 50 Millionen Euro und die jährlichen Zuschüsse von der Stadt Oldenburg liegen weit unter zwei Millionen. (Mehr zu diesen Grenzwerten unten)




Oberbürgermeister Krogmanns Stadion an der Maastrichter Straße wird aber ausschließlich für den gewerblich ausgeübten Fußball der 3. Liga geplant. Den Begriff „Multifunktion“ erwähnt der Oberbürgermeister nur, wenn es um das Thema Beihilfe geht. Ist von Planung, Kosten, Lärm, Anwohner etc. die Rede, hebt er hervor, dass es ein reines Fußballstadion sei, mit Nebennutzung der Gastronomieräume, vielleicht mal ein Konzert. Ein Rudelsingen bezeichnete der OB als Sahnehäubchen. Da die Weser-Ems-Hallen direkt nebenan schon eine VIP-Lounge, Gastronomieräume und Konzerthallen betreiben, behauptet auch niemand, dass hier dringender Bedarf für zusätzliche Kapazitäten besteht.


Die DFB-Regeln verlangen, dass die VfB Oldenburg Fußball GmbH das Hausrecht bekommt. Das Drittliga-Fußballstadion steht also nicht „mehreren Nutzern zu transparenten und diskriminierungsfreien Bedingungen offen“, wie es Artikel 55 verlangt.


[Der Clip zitiert den ©nwzonline VfB-Talk]

Wie Oberbürgermeister Krogmann im VfB-Talk ganz offen sagt, werden die Leichtatlethik, andere Fußballmannschaften und der Football weiterhin das Oldenburger Marschweg-Stadion von 1951 nutzen. Somit wird die VfB Oldenburg Fußball GmbH die ausschließliche (Berufssport-)Nutzerin des neuen Drittliga-Fußballstadions. Dadurch erhält das Fußball-Unternehmen einen sogenannten selektiven wirtschaftlichen Vorteil in einer Höhe, die schwer mit der EU-Verordnung zur Beihilfe vereinbar ist.

 

Sehr viele Parkplätze für 'uneingeschränkten Stadionbetrieb' erforderlich.


Die DFB-Regeln für Parkplätze sind ein weiteres Hindernis. Die VfB Oldenburg Fußball GmbH erhält nicht nur das Hausrecht über das Stadion. Auch wenn angeblich 70 Prozent der Zuschauer mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Stadion am ZOB anreisen sollen, ist der Nachweis sehr vieler Stellplätze für einen uneingeschränkten Stadionbetrieb erforderlich.



Der Stadt Oldenburg gehören laut Oberbürgermeister Krogmann hier angeblich 5000 Parkplätze. Die Stadtverwaltung findet auf unser Nachfragen aber nur ca. 3.200 Stellplätze, „die allerdings nicht alle für den Nachweis eines uneingeschränkten Stadionbetriebs geeignet sind.“ Die Zahl schließt schon das Freigelände der Weser-Ems-Hallen mit ein, das vom „Oldenburger Kramermarkt“, dem „Big Bumper Meet U.S. Car Treffen“ und anderen Veranstaltungen genutzt wird. Die Parkplätze werden auch während des AGRAVIS-Cup, dem Oldenburger Rohrleitungsforum, der LKW-Kammerversammlung und anderen Veranstaltungen gebraucht. Die Stadtverwaltung führte dazu im Bauausschuss vom 20. April 2023 weiter aus: „Wie viele Parkplätze während des Kramermarktes für weitere Veranstaltungen noch zur Verfügung stehen werden, kann erst beantwortet werden, wenn die Planungen für den Stadionneubau abgeschlossen sind.“


Wegen des Konflikts um die Parkplätze, werden die Weser-Ems-Hallen manche Veranstaltungen nicht mehr abhalten können, was zu Umsatzausfällen führen wird. Das birgt sogar das Risiko, die wettbewerbsrechtlich korrekte Nutzung der Großen EWE-Arena zu torpedieren.


Die Meldepflicht für die Förderung von Sportinfrastrukturen sieht nach Artikel 4 als Anmeldeschwelle für Betriebsbeihilfen in Höhe von zwei Millionen Euro pro Projekt und Jahr vor. Die Stadt Oldenburg erwartet laut der Wirtschaftlichkeitsberechnung der Albert Speer Tochter PROPROJEKT Verluste aus dem Drittliga-Fußballstadion von knapp unter zwei Millionen Euro pro Jahr. Diesem Verlust müssen aber noch einige Positionen, wie z.B. die Pacht für das Grundstück hinzugerechnet werden, was eine materielle Beihilfe von mehr als zwei Millionen Euro pro Jahr für die VfB Oldenburg Fußball GmbH ergeben wird. Würde das Fußballunternehmen sein Stadion selbst bauen und betreiben, müsste es für diesen jährlichen Verlust selbst aufkommen.


Die Einhaltung der Regeln der Binnenmarktes soll allen Unternehmen einen fairen Zugang zum Markt gewähren. Das Wettbewerbsrecht sichert den Verbraucher*innen langfristig Vielfalt, Auswahl und niedrigere Kosten.

Fazit



Die Nutzung der Großen EWE-Arena zeigt, dass es sich um eine multifunktionale Freizeitinfrastruktur handelt. Es ist unwahrscheinlich, dass die EU-Wettbewerbsbehörde hier Einwände erheben würde. Auch wenn die Weser-Ems-Hallen in manchen Finanzjahren Verluste ausweisen, werden die Arenen insgesamt relativ wenig von der Stadt bezuschusst, auf jeden Fall deutlich unter der Anmeldeschwelle für diese Art von Betriebsbeihilfen. Die Situation der EWE-Arena ist also eine ganz andere, als die von Oberbürgermeister Krogmanns Drittliga-Stadion.


Der Stadionplanungsgesellschaft mbH wurden 100.000 Euro bewilligt, um „Massnahmen zur Klimaneutralität und das Nutzungs- und Betriebskonzept zu untersuchen“ [Quelle: Stadt Oldenburg]. Am 3. Mai 2023 haben wir im Finanzausschuß nachgefragt, wann der Planungsauftrag für das Nutzungs- und Betriebskonzept ausgeschrieben wird und wie viel von den 100.000 Euro dafür vorgesehen sind. Unsere Fragen wurden uns bis dato nicht beantwortet. Es steht zu befürchten, dass für so viel Geld der Oldenburger Oberbürgermeister auch eine Studie einkaufen kann, die behauptet, dass weitere wirtschaftliche Potenziale des Stadions jährlich sechsstellige Euro-Beträge zur Kostendeckung des Drittliga-Fußballstadions beitragen können. Das wäre aber das Gegenteil von allem, was wir bisher zu dem Thema Events im Stadion gehört haben und wäre im Konflikt mit den Einnahmen, die Oldenburg bisher mit dem Marschweg-Stadion und den Weser-Ems-Hallen generiert.


Dass aber aus dem geplanten Drittliga-Fußballstadion, wie derzeit angedacht, eine mit dem EU-Wettbewerbsrecht kompatible, multifunktionale Freizeitinfrastruktur wird, erscheint uns unwahrscheinlich. Endgültig geklärt werden kann diese Frage nur durch die Notifizierung der Beihilfe an die Wettbewerbsbehörde. Ob das freiwillig passieren wird, ist fraglich.


Wir erwarten, dass die Gesamtsumme aus Grundstückswert, Sanierung des Bodens und Baukosten die jährlichen Verluste aus dem Stadion deutlich über die Anmeldeschwelle für Betriebsbeihilfen hebt. Damit ist die Stadt Oldenburg auf jeden Fall verpflichtet, die Beihilfe für das Drittliga-Fußballstadion zu melden.

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