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Kann ein Drittliga-Fußballstadion tatsächlich eine staatliche Beihilfe sein?

iitm • 23. Mai 2023

Warum der Plan für den Bau eines Stadion für den Drittliga-Fußball nicht mit dem Europäischen Wettbewerbsrecht vereinbar ist.

„Die Stadt Oldenburg plant den Neubau eines Fußballstadions für den VfB Oldenburg am Standort Maastrichter Straße im Stadtteil Donnerschwee.“ (Machbarkeitsstudie 2017, S.76


Staatliche Beihilfen für den gewerblich ausgeübten Sport


Artikel 107 Absatz 1 AEUV definiert staatliche Beihilfen als „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, … soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“ (C262/3 Punkt 5)


Ratsherr Lükermann (Volt/FDP) bat am 1. Februar 2023 um Ausführungen zu möglichen Problemen mit dem europäischen Beihilferecht. Die Stadtverwaltung antwortete, dass eine umfangreiche Prüfung mithilfe des Rechtsamtes der Stadt Oldenburg stattgefunden habe. Die Stadt baue sich selbst ein Stadion, welches zu entsprechenden Konditionen vermietet werden würde. Deshalb gehe man davon aus, dass die beihilferechtlichen Anforderungen erfüllt werden können.


Die Aussage vom 1. Februar 2023 ist eine völlige Fehleinschätzung der Beihilfeproblematik. Uns ist nicht bekannt, dass sie danach von der Stadtverwaltung noch einmal wiederholt wurde. Hier erklären wir warum.


Wenn die Stadt Oldenburg ein Drittliga-Fußballstadion baut, von dem der Rat der Stadt im Vorfeld mit circa zwei Millionen Euro Verlust pro Jahr rechnet, dann bricht sie mit dem Grundsatz des unter marktwirtschaftlichen Bedingungen handelnden privaten Marktteilnehmers. Die Übernahme der Verluste aus dem Drittliga-Stadion stellt eine staatliche Beihilfe im Sinne der EU-Vorschriften (Artikel 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV) dar, da sie der VfB Oldenburg Fußball GmbH einen wirtschaftlicher Vorteil gegenüber ihren Wettbewerberinnen verschafft.

Handelt es sich um staatliche Beihilfe?


Auch wenn das Drittliga-Fußballstadion im Eigentum der Stadt verbleibt und die „VfB…GmbH“ für die Nutzung ein Entgelt zahlt, ist gleichwohl zu untersuchen, ob es sich um eine staatliche Beihilfe handelt. Hierfür spricht, dass laut Wirtschaftlichkeitsberechnung der Betrieb des Drittliga-Fußballstadions einen Verlust verursacht, denn würde die „VfB…GmbH“ das Stadion selbst bauen und betreiben, müsste sie für die Verluste selber aufkommen.
Damit ist auch die erste von vier Eigenschaften staatlicher Beihilfe erfüllt (State Aid Overview): Die Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen zu Vorzugsbedingungen.


1.

Es liegt ein Eingriff des Staates oder durch staatliche Mittel vor, der unterschiedliche Formen annehmen kann (z. B. Zuschüsse, Zins- und Steuererleichterungen, Garantien, staatliche Beteiligungen an einem Unternehmen ganz oder teilweise oder die Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen zu Vorzugskonditionen usw.).


Um als staatliche Beihilfe zu gelten, muss geprüft werden, ob der Eingriff der Begünstigten einen selektiven Vorteil verschafft, also ob sie z.B. nur für bestimmte Unternehmen oder Wirtschaftszweige oder für Unternehmen in bestimmten Regionen gezahlt wird. 


Die hier untersuchte Infrastrukturmaßnahme ist ein Drittliga-Fußballstadion. Die Stadt Oldenburg hält ein Stadion vor, in welchem seit Jahrzehnten Regionalliga Fußball gespielt wird. Das Stadion erfüllt derzeit nicht die Lizenzierungsbedingungen der DFB an Fußball-Unternehmen der dritten Liga. 


Die „VfB Oldenburg Fußball GmbH" ist die einzige benannte Pächterin dieser Infrastruktur. Sie bekommt ein Vorrecht auf die Nutzung des Stadions. Die Massnahme hat daher einen selektiven Charakter und  verschafft spezifisch der begünstigten „VfB Oldenburg Fußball GmbH“ einen Vorteil.

2.

Der Eingriff verschafft dem Empfänger einen selektiven Vorteil, beispielsweise gegenüber bestimmten Unternehmen oder Industriezweigen oder gegenüber Unternehmen, die in bestimmten Regionen ansässig sind.


Es ist anzunehmen, dass Mitbewerberinnen, die ihre Spielstätte zum großen Teil selbst finanziert oder eine Beihilfe beanstandungsfrei gemeldet haben, die Bereitstellung eines Drittliga-Fußballstadions zu einer stark durch die Stadt Oldenburg subventioniertes Entgelt als wettbewerbsverzerrend ansehen könnten. Dazu zählen Mitbewerber wie z.B. Augsburg, Chemnitz FC, Elversberg, Karlsruher SC, St Pauli und Regionalliga Mitbewerber wie der VfL Oldenburg, SV Atlas Delmenhorst oder der SSV Jeddeloh.

3.

Dadurch wurde oder kann der Wettbewerb verfälscht werden.



Als vierte Eigenschaft muss erfüllt sein, dass die staatliche Beihilfe in den Europäischen Binnenmarkt eingreift. Die im vorherigen Punkt gelisteten Mitbewerber agieren in den deutschen Fußballligen. Es gibt jedoch eine Zahl von Spielertransfers zwischen EU-Mitgliedstaaten. Indem eine Beihilfe den Cashflow der „VfB Oldenburg Fußball GmbH“ verbessert, ermöglicht sie es ihr, internationale Spieler, um die europäische Vereine konkurrieren, für sich zu gewinnen. Im VfB Kader 2023 spielten zum Beispiel ein Spieler, der in den Niederlanden abgeworben wurde und zwei aus Dänemark. Die finanzielle Lage eines Vereins kann seine Möglichkeiten, gute Spieler anzuziehen, auch dann verbessern, wenn keine Transferzahlungen erfolgen. Folglich könnten Handel und Wettbewerb beeinträchtigt werden. (siehe S.4 Punkt (14)).


(Der Clip zitiert Geschäftsführer Michael Weinberg im ©nwzonline VfB-Talk])


4.

Die Intervention könnte den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

Analog zur Auskunft der Wettbewerbsbehörde der Europäischen Kommission zum Fall des Stadionbaus in Chemnitz können wir feststellen, dass alle vier Eigenschaften einer staatlicher Beihilfe erfüllt sind. 


Beihilferechtliche Würdigung


Die von der Stadt Oldenburg geplante Maßnahme stellt eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV dar, wenn sie aus staatlichen Mitteln eine wirtschaftliche Tätigkeit fördert und dadurch ein Vorteil entsteht, der Wettbewerb und Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen könnte (siehe oben).

Der Bau des Drittliga-Fußballstadions wird zu 100 Prozent aus staatlichen Mitteln finanziert. Es könnte deshalb eine Beihilfe vorliegen, wenn die staatliche Finanzierung zu einem Vorteil für bestimmte Wirtschaftstätigkeiten führt (in diesem Falle für die „VfB Oldenburg Fußball GmbH“).

Der Markt für Berufssport ist durch starken Wettbewerb und erhebliche private und gewerbliche Investitionen gekennzeichnet.

Es wäre nicht möglich, die Infrastrukturmaßnahme ohne öffentliche Finanzierung durchzuführen. Das Drittliga-Fußballstadion wird der privaten „VfB Oldenburg Fußball GmbH“ zur Verfügung gestellt. Sie ist genießt ein Vorrecht und kann die Drittliga-Infrastruktur für die eigenen professionellen Fußballaktivitäten nutzen. Ferner wurden Stadionbetreiber und die Nutzerin nicht aufgrund einer Ausschreibung gewählt. Entsprechend ist anzunehmen, dass die „VfB Oldenburg Fußball GmbH“ einen wirtschaftlichen Vorteil genießt.


Fazit:

Das von Oberbürgermeister Krogmann vorangetriebene und von der Stadt Oldenburg finanzierte Drittliga-Stadion stellt eine staatliche Beihilfe für die „VfB Oldenburg Fußball GmbH“ dar. Die Stadt Oldenburg ist verpflichtet, diese Beihilfe der EU Wettbewerbsaufsicht zu melden.



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